Musikkolumne Das Düsseldorfer Musikerbe muss gebührend gewürdigt werden
Düsseldorf · Düsseldorf ist bereits als inoffizielle deutsche Pop-Hauptstadt bezeichnet worden. Nur in der Landeshauptstadt selber ist das noch nicht so recht angekommen, findet unser Gastautor.
Düsseldorf kann stolz sein auf seinen Beitrag zur Popgeschichte. Das Buch „Keine Atempause: Musik aus Düsseldorf“ warf bereits im vergangenen Jahr ein Schlaglicht auf legendäre Bands wie Fehlfarben, der Plan und die Krupps. Nun steht ein neues Werk in den Regalen, „Geschichte wird gemacht“, das die Fotografien von Ar/Gee Gleim alias Richard Gleim in den Mittelpunkt stellt.
Der Düsseldorfer Fotograf, von Berufs wegen eigentlich Gärtner, war Ende der Siebziger Jahre fasziniert von der überwältigenden Energie der jungen Musikszene, die sich vor allem um den Ratinger Hof bildete. Er wurde zu ihrem Bild-Chronisten, arbeitete entscheidend am Mythos des „Hofs“ und der dort aktiven Bands wie DAF – Deutsch-Amerikanische-Freundschaft, ZK (später die Toten Hosen), Mittagspause (später Fehlfarben) oder der KFc mit. Ar/Gee Gleims Beitrag zur Mythenbildung um die frühe Düsseldorfer Punkszene ist gar nicht zu überschätzen, aus seinen Fotos springt einem der Zeitgeist dieser einmaligen Ära entgegen.
Ich denke, den vorhandenen Veröffentlichungen um die Ratinger Hof-Szene ist nun nicht mehr viel hinzuzufügen. Für mich sind die Jahre vor der Punk-Explosion in Düsseldorf noch nicht ausreichend gewürdigt. Die ganze Welt weiß, wie wichtig die Band Kraftwerk für die Musikszene ist, mit der Etablierung von elektronischen Klangerzeugern und einer damals vollkommen neuen Klangästhetik hat sie den Lauf der Popgeschichte entscheidend beeinflusst.
Dieses großartigen kulturellen Erbes ist sich unsere Stadt zu wenig bewusst. Die Süddeutsche Zeitung bezeichnete Düsseldorf kürzlich als heimliche deutsche Hauptstadt des Pop – diese Einsicht ist jedoch in der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt selbst noch nicht angekommen. Ob es ein Kraftwerk-Museum oder ein Haus der rheinischen Popgeschichte wird – lasst uns endlich das Düsseldorfer Klang-Erbe gebührend würdigen!
Miguel Passarge ist der musikalische Leiter des Zakk.
Archivfoto: JM