Das ist ja mal ein Held
Michael Ehnert beschwört im Kom(m)ödchen einen wahrhaft bitteren "HeldenWinter" herauf. Sehenswert!
Düsseldorf. Unsere Helden sind auch nicht mehr das, was sie mal waren. Ehemals Projektionsfläche sämtlicher hehrer Ideale müssen sie heutzutage in schlechten ProSieben-Öko-Thrillern mit Apache-Hubschraubern eingefrorene Wale aus dem ewigen Eis retten. Das ist umweltbewusst, mithin politisch korrekt, spricht damit auch das weibliche Publikum an, ist also ein echter Quotengarant. Nur - wo bleibt die Spannung, das Herzblut, die Kompromisslosigkeit?
Superhelden sind mittlerweile auf den kleinstmöglichen gesellschaftlichen Nenner geschrumpft. Als solche Konsenskadaver fristen sie ihr Dasein in souverän inszenierten Sequels, ohne eine tatsächliche Botschaft zu übermitteln. Selbst das Weltretten fällt immer schwerer. Ist ja kaum noch was übrig, um das es sich zu kämpfen lohnt.
Zerfressen von genau diesen postmodernen Zweifeln sitzt ein Mann, nennen wir ihn Michael Ehnert, in einem Großraumwagen der Bahn. Laptop und Headset haben ihn aus der Wirklichkeit ausgestöpselt. Immerhin muss er als Opfer der modernen Kommunikationsisolation seine eigene Beliebigkeit nicht ertragen.
Sein Weg führt ihn, als wir ihn kennen lernen, gerade von Göttingen nach Hannover. Der ICE, in dem er verzweifelt versucht, letzte Hand an ein verhunztes Action-Drehbuch zu legen, heißt Heinrich Lübke. Irrelevanter kann ein Leben nicht sein. Darüber sich den Kopf zu zerbrechen, bleibt dem Jungautoren allerdings keine Zeit. Er muss das Skript bis spätestens Hamburg-Altona fertig haben.
Michael Ehnert knüpfte am Montag im Kom(m)ödchen mit seinem neuen Programm "HeldenWinter" nahtlos dort an, wo sein Solodebüt "Mein Leben" endete. War es damals noch ein zweifelnder Kabarettist, der gegen den Verlust jeglicher Standpunkte rebellierte, ist es diesmal ein in den Strukturen des Privatfernsehens gestrandeter Lohnschreiberling, der kurz vor Vollendung seiner Mission sein Wirken in Frage stellt.
Kurzbiografie Geboren: 1967 in Hamburg. Zwischen 1990 und 2004 gemeinsam mit Kristian Bader im Bader-Ehnert-Kommando. Seit 2000 Regie bei mehreren Ensembleprogrammen der Münchener Lach- und Schießgesellschaft sowie im Kommödchen.
Weitere Termine 12. und 13.10., jeweils 20 Uhr, im Kom(m)ödchen, Karten unter Tel. 32 94 43.