Ausstellung Düsseldorf entdeckt vergessene Avantgarde-Malerinnen wieder

Düsseldorf · Die Setareh Gallery an der Kö zeigt, dass den Abstrakten Expressionismus nicht nur männliche Helden prägten.

Malerin Perle Fine in ihrem Atelier in Princetown, ca. 1953.

Foto: A.E. Artworks. Photograph: Maurice Berezov. Image courtesy McCormick Gallery, Chicago, IL

Jackson Pollock, Willem de Kooning, Mark Rothko – diese Namen fallen als erstes, wenn es um Abstrakten Expressionismus geht, jener Kunstströmung, die zu Beginn der 1940er Jahre in den USA entstand und die Malerei revolutionierte. Sie waren die Kunst-Cowboys, die Farben impulsiv und ekstatisch auf Leinwände schütteten, sprühten und spritzten, oder meditative Farbfelder kreierten. Aber was ist mit Lee Krasner, Perle Fine oder Judit Reigl? Kunstkritiker und Kunsthistoriker haben in ihren Annalen der Ab-Ex-Bewegung kaum Frauen berücksichtigt. Die Setareh Gallery an der Kö will dieses männlich dominierte Kunstgeschichtskapitel umschreiben.

In der Ausstellung „Eine Geste der Überzeugung“ präsentiert sie 13 Künstlerinnen des Abstrakten Expressionismus. Über Leihverträge mit amerikanischen Galerien ist Setareh an rund 30 Gemälde gekommen, die nun zum Verkauf stehen. Inspirieren ließ sich Setareh von der Schau „Women of Abstract Expressionism“, die das Denver Art Museum 2016 ausrichtete. Zum ersten Mal überhaupt blickte ein Museum umfassend auf die Ab-Ex-Malerinnen. Setareh führt nun als erste Galerie in Europa das „Rehabilitierungs-Projekt“ fort.

Frankenthaler trat aus Schatten der männlichen Kollegen heraus

Doch nicht alle Avantgarde-Künstlerinnen blieben im Schatten der männlichen Kollegen. Helen Frankenthaler etwa wurde als Erfinderin der Schüttbildmalerei berühmt: Sie leerte verdünnte Farben direkt aus der Dose auf ungrundierte Leinwände am Boden. In Düsseldorf hängt ihr Gemälde „Black Shapes on Black“. Es zeigt ein schwarz-weißes Gebilde aus Strichen, Schlieren und Tupfern, das an eine Schreibmaschine erinnert, drumherum blaue, gelbe Kleckse und dicke rote Linien.

Die Farbe hängt in Fetzen von der Leinwand: „Angry Response“ (1957) von Perle Fine.

Foto: A.E. Artworks & Anita Shapolsky Gallery, NYC.

In den Kanon der avantgardistischen Kunst gelangte auch Lee Krasner. Und das, obwohl sie ihre eigene Karriere zu Gunsten ihres trunksüchtigen Mannes hinten anstellte: Jackson Pollock. Ihre Gouache „Seed No. 6“ wimmelt von wild aufs Papier gesetzten blauen Klecksen, Tupfern, Strichen und Schlieren. In den Farbkörpern finden sich Verästelungen, wie Samenkörner oder Pflanzenblätter unter einem Mikroskop.

Perle Fines Werk drückt Wut aus, schon in seiner Machart

Unbekannter ist die Künstlerin Perle Fine, obwohl sie als eine der wenigen Frauen als Mitglied in den New Yorker Künstlertreff „The Club“ aufgenommen wurde. Faszinierend ihr Öl-Gemälde „Angry Response“, vielleicht eine „wütende Antwort“ gegen den patriarchalischen Kunstbetrieb. Das pastose Weiß ist zerkratzt, zerschnitten, zerspachtelt, so dass die Farbe in Fetzen von der Leinwand hängt. Darüber ein wildes schwarzes Linienwirrwarr, in dem sich die aufgewühlten Emotionen entäußern.

Beeindruckend auch das monumentale Öl-Gemälde „Écriture en masse“ der 95-jährigen ungarischen Künstlerin Judit Reigl: Massige schwarze Farbbrocken scheinen die weiße Leinwand hinabzustürzen. Sie überträgt das von den Surrealisten proklamierte „automatische Schreiben“ in die Malerei, bringt also die Farbe unkontrolliert auf den Bildträger. Ein lohnenswerter Rundgang!

Die Ausstellung „Eine Geste der Überzeugung – Künstlerinnen des Abstrakten Expressionismus – Werke der 1950er und 60er Jahre“ läuft noch bis zum 23. Februar in der Setareh Gallery an der Königsallee 27-31.