Düsseldorf Ein bisschen Michelangelo für die Graffiti-Szene

Beim zweiten Düsseldorfer Street-Art-Festival werden fast 2000 Quadratmeter des Gründgens-Platzes gestaltet.

Düsseldorf. Wenn die Theaterbesucher am 29. August das Schauspielhaus nach einer hoffentlich anregenden Vorstellung verlassen, steht einer nahtlosen Fortsetzung ihres Kulturprogramms an diesem Abend nichts im Wege. Nur — sie müssen sich darauf gefasst machen, dass es draußen etwas abenteuerlicher zugeht als im Saal, jedoch nicht minder inspirierend. Intendant Günther Beelitz eröffnet an besagtem Tag die neue Spielzeit mit der Inszenierung der Bühnenfassung von Hans Pleschinskis Roman „Königsallee“.

Zur gleichen Zeit feiern Künstler auf dem Gustaf-Gründgens-Platz das Abschlussfest des zweiten Düsseldorfer 40-Grad-Urban-Art-Festivals. An diesem Abend treffen Theaterbesucher auf Graffiti-Sprayer: Nur zu, denn genau so ist es gedacht. „Wir wollen zeigen, wie reich die Düsseldorfer Streetart ist und freuen uns, dass es dieses Mal mitten in der Stadt möglich ist“, sagt Eve Sattler vom Verein Düsseldorfer Künstler und Mitinitiatorin des Festivals.

Vor zwei Jahren fand dessen erste Auflage statt. Damals war eine ganze Reihe an Hausbesitzern dem Aufruf gefolgt, Hauswände für Graffiti und andere Streetart-Varianten zur Verfügung zu stellen. In der ganzen Stadt waren nationale und internationale Künstler tätig. Schön, aber das geht besser, meint Klaus Klinger von Farbfieber, der das 40-Grad-Festival mitorganisiert.

„Ich meine, dass Streetart, die in den Stadtteilen entsteht, auch etwas mit diesen zu tun haben sollte. Dass die Künstler im Austausch mit den Menschen, die dort leben, stehen sollten. Das können Sprayer, die für eine Woche von Spanien nach Düsseldorf kommen, nicht leisten.“ Auch deswegen hat er dieses Mal für einen zentralen Ort plädiert.

Auf dem Gründgensplatz werden Ende August 40 Künstler eine fast 2000 Quadratmeter große Fläche gestalten, die in kleine Felder unterteilt ist. Sie ist in ihrer Formgebung dem Kapitolsplatz in Rom nachempfunden, den Michelangelo im 16. Jahrhundert erschuf und der später seine besondere Pflasterung erhielt. Genutzt werden dürfen auch angrenzende leerstehende Häuser. Die Künstler, die sich nach wie vor melden können, legen ein Konzept für den einzelnen Raum vor, das die Organisatoren prüfen.

Bilder werden nicht aufgehängt, erwünscht sind Installationen. Im Erdgeschoss gibt es ein Café, auf dem Platz eine Bühne für Konzerte und Diskussionen. Der Umgang mit dem öffentlichen Raum wird dabei naturgemäß ein Thema sein, denn von dort kommt Streetart. Sie stellt die Fragen, die in jeder Großstadt gestellt werden können: Wie teuer darf Wohnraum sein? Wird die freie Szene wertgeschätzt? Haben subkulturelle Terrains eine Chance? Bietet die Stadt ihren Bürgern ein lebenswertes Dasein?

Auch Oberbürgermeister Thomas Geisel will man zu einer solchen Debatte hinzubitten.