Düsseldorf Tanzhaus NRW: Neue Jugend-Kompanie setzt auf Hip-Hop

Profis arbeiten mit 16 Jugendlichen — eine Mischung aus Disziplin und wildem Geist.

Foto: Tanzhaus NRW

Düsseldorf. Maria Kirchhoff sitzt auf der Tribüne des kleinen Saals im Tanzhaus NRW. Unten probt die neue Jugendkompanie. Die Projektleiterin für die Sparte Junges Tanzhaus gerät ins Schwärmen, als sie die Idee hinter dem Ensemble erklärt: Die Jugendlichen arbeiten mit internationalen Tänzern und Choreografen, sie sollen begreifen, wie Dramaturgen denken, sich selbst als künstlerische Person begreifen, sich in eine Gruppe einfügen.

Die Tänzer Rayboom...

Schon schalten die Ohren auf Durchzug. Zu viel sozialtherapeutische Romantik. Dann blitzt unten auf der Bühne der Schriftzug eines T-Shirts auf: Fuck U. Provokation gehört zum Jungsein. Sie setzt wertvolle Energie frei und stärkt den Willen. Hoffentlich nehmen die gutmütigen Pädagogen diesem wilden Geist nicht den Speed. Maria Kirchhoff muss lachen, Laienfragen eben. „Bei den Hip-Hop-Battles geht es immer um Respekt, das kennen die Jugendlichen. Sich selbst und andere zu achten, das müssen wir ihnen nicht beibringen.“ Zuletzt galt es, die tänzerische Leistung des jeweils anderen zu bewerten. „Das haben sie locker hingekriegt, ohne sich zu verletzen“, sagt Kirchhoff.

...und Kofie kommen vom Hip-Hop. Sie leiten die neue Jugendkompanie: „Eine eigene Kompanie zu haben, war unser Traum.“

Hip-Hop ist die Basis für die junge Kompanie B2B (Back to Basic), die seit September existiert. Zuvor gab es zehn Jahre lang mit J.E.T. ein junges Tanzhaus-Ensemble, das sich ausschließlich dem klassischen Ballett verschrieben hatte. Nach Unstimmigkeiten zwischen Ensemble-Leitung und Tanzhaus-Intendanz löste sich J.E.T vor knapp zwei Jahren auf.

B2B ist nach Auskunft von Kirchhoff offener angelegt. Das tänzerische Niveau ist unterschiedlich. 80 Jugendliche wurden in zwei Durchgängen für die Kompanie gecastet. Es zählten Bühnenpräsenz, Bewegungspotenzial und die Bereitschaft, zu improvisieren. Am Schluss blieben die besten 16 übrig.

Bei Dogukan Özveren war es keine Liebe auf den ersten Blick. Seine Schule, die St.-Benedikt-Hauptschule an der Klosterstraße, kooperiert mit dem Tanzhaus, was bedeutet. „Ich hatte zeitgenössischen Tanz als Wahlpflichtfach“, sagt der 16-Jährige. „Das hat mich eigentlich genervt.“

Dann jedoch lernt er Rayboom kennen. Der Künstler tanzt seit 2005 Hip-Hop, Popping und House und verbindet seinen Tanzstil mit Elementen aus dem Kampfsport und dem zeitgenössischen Tanz. Seit 2010 unterrichtet er im Tanzhaus und wirkt außerdem bei Produktionen an den Schauspielhäusern Düsseldorf und Bochum mit. Rayboom leitet die neue Kompanie mit dem Streetart-Tänzer und Dozenten Kofie. „Wir wollten immer schon unser Wissen an andere Tänzer weitergeben. Eine eigene Kompanie zu haben, war unser Traum.“

Rayboom ist es auch, der Dogukan anruft, als die Castingtermine feststehen. Bis dahin hat der Schüler unregelmäßig getanzt, taucht im Tanzhaus auf, verschwindet wieder. Sein Talent und seine Leidenschaft haben die Profis jedoch gleich beeindruckt. Ihr Zutrauen und ihre Motivation haben bei ihm einen Schalter umgelegt. „Ich will beim Tanz bleiben“, sagt Dogukan. „Wenn du tanzt, bringst du rüber, was du bist. Das kann niemand stoppen. Dann bist du frei.“