Die Witwe des berühmten Intendanten Karl Heinz Stroux wird 100 Erinnerungen an große Erfolge des Theaters

Düsseldorf · Eva Stroux ist die Chefin einer großen Künstlerfamilie. Zu ihrem 100. Geburtstag erinnert sie sich an die Erfolge des Schauspielhauses.

Eva Stroux ist die Witwe des ehemaligen Schauspielhaus-Intendanten Karl-Heinz Stroux.

Foto: Bretz, Andreas (abr)

Eva Stroux feiert am Montag ihren 100. Geburtstag in jenem Haus in der Weißen Siedlung von Golzheim, wo sie mit ihrem Mann Karl-Heinz Stroux (1908–1985), dem langjährigen Intendanten des Düsseldorfer Schauspielhauses, Jahrzehnte ihres Lebens verbracht hat. Ihre Stimme ist rau und energisch, ihr Erinnerungsvermögen erstaunlich, ihr Berliner Humor erfrischend. Diese Frau steht noch heute mitten im Leben. Selbst mit dem Rollator in der Hand wirkt sie wie eine Lordsiegelbewahrerin ihrer theaterbesessenen Familie.

Stroux war einer der gefragtesten Regisseure der Bundesrepublik, als er 1955 die Nachfolge von Gustaf Gründgens in Düsseldorf antrat. Er traf auf eine GmbH, die ihm künstlerische und finanzielle Freiheit gab, und baute ein Ensemble mit herausragenden Schauspielern auf. Eva erinnert sich: „Elisabeth Bergner spielte nach ihrer Emigration nur in Düsseldorf. Es war das einzige deutsche Ensemble, dem sie angehörte. Sie war ein Chamäleon, sie konnte sich innerhalb weniger Minuten entwickeln, dann war sie plötzlich ganz jung und zart.“ Hier spielten außer der Bergner auch Käthe Dorsch und Maria Wimmer.

Dialog zwischen Dichter und Regisseur keineswegs einfach

Der Intendant sorgte für zahlreiche Uraufführungen, wobei das absurde Theater von Eugène Ionesco mit vier Uraufführungen und einer deutschen Erstaufführung im Vordergrund stand. Eva erzählt: „Mein Mann las die ‚Nashörner‘ nachts, und morgens stand für ihn fest: Das wird aufgeführt.“ So geschehen im Oktober 1959. Es wurde ein Riesenerfolg. Als er die Inszenierung beim Pariser Theaterfestival zeigte, hieß die Überschrift: „So sind wir Nazis geworden.“ Dabei war der Dialog zwischen Dichter und Regisseur keineswegs einfach. Hierzu die Witwe: „Mein Mann war Altsprachler. Er hatte Griechisch und Latein gelernt, der Onkel war Altphilologe und nach dem Krieg Rektor der Humboldt-Universität. Aber Ionesco und Stroux verstanden sich wunderbar. Sie machten es mit Pantomime. Ionesco bescheinigte meinem Mann später eine kartesianische Klarheit. Ich habe ein bisschen mit meinem schlechten Französisch ausgeholfen.“

Sohn Tomas gehörte
zeitweilig zum Burgtheater

1942 hatten Eva und Karl-Heinz geheiratet. Sohn Thomas kam 1943 zur Welt und gehörte zeitweilig zum Burgtheater. Sohn Stephan, Jahrgang 1945, wurde Regisseur und Schauspieler. Enkeltochter Louisa Stroux ist eine begnadete Schauspielerin. Aber auch Kunstfachleute gehören zur Großfamilie Stroux. Eva arbeitete nach dem Tode ihres Mannes sein Erbe mustergültig auf. Täglich fuhr sie ins Hofgärtnerhaus, beschriftete, notierte und bereitete die Fakten für die nachfolgenden Generationen auf. Das ist umso bewundernswerter, als die Stadt ihrem großen Sohn viele Steine in den Weg legte. Im Jahr 1972 wurde sein Vertrag nicht mehr verlängert. Eva: „Er wäre gern noch zwei Jahre geblieben, um zu zeigen, was man mit dem neuen Haus machen kann. Er hatte ja bis 1969 nur auf dem Nudelbrett an der Jahnstraße und auf einer kleinen Haus-Tribüne gespielt, die dann abgerissen wurde. Er hatte noch sehr viele Pläne. Es war schade. Wir hatten 1970 noch das Jugend­theater gegründet. Mein Mann wollte eine Schauspiel-Akademie gründen, wo auch Menschen aus dem öffentlichen Leben hätten sprechen lernen können. Und er dachte an ein europäisches Festspiel, wir hatten ja viele Gastspiele im Ausland. Das war nicht mehr zu realisieren. Trotzdem machte er zum Schluss noch ‚Faust I und II‘. Mit ‚Faust‘ hatte er sich sein Leben lang beschäftigt.“

Bei seinem Abgang überreichte er einen „kurzen Bericht an die Bürger der Stadt Düsseldorf“. Darin ist von mehr als 100 Erst- und Uraufführungen und 200 weiteren Aufführungen die Rede. Die Auslastung des Theaters in der Landeshauptstadt betrug immer mehr als 95 Prozent. Der Zuschuss zum Betrieb in der Jahnstraße war der niedrigste in ganz Deutschland.

In den 17 Jahren wurden 60 Prozent der Kosten wieder eingespielt. Außerdem bereiste das Ensemble außer Westdeutschland auch Paris, New York, Luxemburg, Nimwegen und Oslo. So kam es 1971/72 auf 627 Aufführungen, heute ein Ding der Unmöglichkeit.