Faust: „Der Tragödie erster Theil“ in Kugelschreiber-Schönschrift
Besucher des Goethe-Museums schaffen eine Ausgabe des Werks.
<strong>Düsseldorf. Für die Abschrift der wohl bekanntesten Zeilen deutscher Literatur steht Berenike Simon-Schaefer nur ein schnöder Kuli zur Verfügung. Doch der 28-jährige Düsseldorferin gelingt es auch ohne Gänsekiel, in angemessener Weise zu schreiben. Nach einigen Minuten der Konzentration ist es geschafft: Neben den gedruckten Fraktur-Lettern zur Linken steht nun der Textanfang rechts noch einmal in spielerisch-leichter Mädchenhandschrift: "Ihr naht euch wieder, schwankende Gestalten, Die früh sich einst dem trüben Blick gezeigt...".
1807 erschien Goethes Werk als Erstausgabe
Am Mittwoch startete im Goethe-Museum an der Jacobistraße ein Projekt, an dem sich jeder Besucher beteiligen kann. "Wir schaffen ein neues Faust-Buch", erklärt Museumsdirektor Volkmar Hansen. Jeder, der will, kann es Berenike Simon-Schläger, Besucherin Nummer eins, nachmachen und maximal fünf Zeilen von "Der Tragödie erster Theil", oder kurz "Faust" I, kopieren - fast exakt 200 Jahre nach dem Erscheinen der gedruckten Erstausgabe.
Im Laufe eines Jahres, so der Plan der Verantwortlichen, soll das Buch mit dem bordeaux-roten Einband, das im Eingangsbereich von Schloss Jägerhof ausliegt, vollgeschrieben sein - 4612 Vers- und 63 Prosazeilen würden dann zweifach auf insgesamt 468 Seiten stehen.
Gedacht ist, dass jeder Schreiber an der Stelle weitermacht, an welcher der Vorgänger geendet hat. Das Auswählen von Lieblingsstellen aus der Geschichte des Heinrich Faust ist also kaum möglich. Doch das Stück bietet als Zitatenschatz bekanntlich genügend berühmte Verse, ob sie sich nun um "des Pudels Kern" oder die "Gretchenfrage" drehen oder in "Auerbachs Keller" oder während der "Walpurgisnacht" ausgesprochen werden.