Festival: Tänzer steppen gegen die Zeit
Das Festival „Tap Ahead“ gibt es seit 15 Jahren.
Düsseldorf. Emails checken auf dem Smartphone, der Kaffee zum Mitnehmen und das Mittagessen im Stehen — „der Alltag ist von Stress bestimmt“, sagt Pia Neises. Zusammen mit Daniel Luka geht sie deshalb am Freitag dem Phänomen der Zeit auf den Grund.
Am zweiten Tag des Stepptanz-Festivals „Tap Ahead“ im Tanzhaus präsentiert das Duo die Uraufführung ihres Stücks „60 bpm“ (60 Schläge pro Minute). Das Festival selbst wird zum 15. Mal veranstaltet.
„Das Thema Zeit hatte ich schon lange im Kopf“, erklärt Neises — einfach, weil sie ihr selbst und ihren Mitmenschen offenbar immerzu fehlt. „Früher konnte ich den Blättern beim Welken zusehen, heute fällt es mir schwer, Dinge wirklich zu genießen.“
Ihr Tanzpartner Luka teilt das Gefühl. Diese Sicht der Dinge ist die Basis dessen, was die Zuschauer am Freitag erwartet. „60 bpm“ soll keine Antworten auf die Frage der Zeit geben, sondern zum Nachdenken anregen. „Im Idealfall nehmen sich die Zuschauer nach der Vorstellungen wieder bewusst Zeit für bestimmte Dinge“, sagt Luka, der, ebenso wie Neises, seit Jahren regelmäßig im Tanzhaus unterrichtet.
An der Uraufführung beteiligt sind die Musiker Bodek Janke (Percussion) und Jörg Brinkmann (Cello), die Sphärisches, vor allem aber Rhythmisches hervorbringen. Die Live-Musik bietet außerdem Raum zum Spiel miteinander und zur Improvisation. Das Tanzhaus koproduziert Neises’ und Lukas Show.
Festivalleiterin Dorothee Schwackow, Luka und Neises legen besonderen Wert darauf, dass der heutige Stepptanz mit dem Showtanz alter Legenden wie Fred Astaire nicht viel zu tun hat. Stepptanz biete heute unendlichen Raum für Ausdruck und Improvisation, sagt Schackow.
Es habe sich eine Erneuerung mit Einflüssen von Hip-Hop bis Funk vollzogen, die auch für so junge Tänzer wie den 25-jährigen Daniel Luka ein Argument ist. Um dieser Verjüngung Rechnung zu tragen, spricht Luka selbst von „Tapdance“. Luka: „Bei dem Begriff ‚Stepptanz‘ denkt schließlich doch jeder wieder an Astaire.“
Heute ist „Tap Ahead“ eine feste Größe in der Festival-Landschaft. Teilnehmer aus dem gesamten deutschsprachigen Raum halten sich den Termin — immer an Christi Himmelfahrt — frei.