Freie Theaterszene: „Theater in der Turnhalle? Eine Frechheit!“
Etablierte Künstler stellen Forderungen auf, die auch die freie Szene angehen. Deren Vertreter pochen jetzt auf ein Mitspracherecht.
Frau Schmidt, Herr Schmidt, freie Gruppe, freie Szene — wie viele freie Szenen gibt es in Düsseldorf eigentlich?
Michael Schmidt: Das habe ich mich auch gefragt, als ich den Brief der neuen „freien Gruppe“ gelesen habe.
Die Verfasser haben sich regelmäßig getroffen, waren Sie nicht eingeladen?
Alexandra Schmidt: Nein, wir wussten nichts von der Aktion.
Und, sauer?
A. Schmidt: Ich finde es schade, dass man uns nicht informiert hat. So ist die Zusammensetzung der Gruppe fragmentarisch. Die Compagnien und Ensembles der freien Szene stehen regelmäßig auf den Bühnen von Tanzhaus und FFT. Gemeinsam bilden wir die Freie Szene Düsseldorfs und letztendlich haben wir ja viele sich überschneidende Interessen und Anliegen
M. Schmidt: Wir haben uns über die Konstellation der neuen freien Gruppe etwas gewundert. Eine Hochschule wie die Kunstakademie ist ja zunächst einmal eine Hochschule und keine freie Theatergruppe.
Wer ist denn eigentlich die freie Szene?
A. Schmidt: Der Begriff wird neuerdings inflationär benutzt. Tatsächlich hat er sich in den 80er Jahren entwickelt. In der Regel sind damit die Tanz-, Theater- und Performance-Gruppen gemeint, die jenseits der staatlich finanzierten Häuser künstlerisch tätig sind.
Aber wenn die Bezuschussung ein entscheidendes Kriterium ist, dann gibt es in Düsseldorf keine freie Szene, denn auch sie erhält Geld von Stadt und Land. Zum Beispiel Tanzhaus und FFT.
A. Schmidt: Die beiden Genannten sind stark institutionalisierte Häuser der freien Szene, die regelmäßig bezuschusst werden. Das Gros der freien Szene jedoch muss seine Unterstützung jedes Jahr neu beantragen, und das sind wahrlich keine Unsummen.
Vor zwei Jahren hat sich die freie Szene zusammengeschlossen und ihre Standpunkte klar gemacht. Was hat es gebracht?
A. Schmidt: Wir werden als wichtiger Faktor im Kulturgeschehen der Stadt wahrgenommen werden. Das jedenfalls spiegeln uns die Politiker und die Verwaltung, und die Zuschauer ohnehin.
Während des Wahlkampfes zur Kommunalwahl im Mai hatten Sie ganz besonders viel Aufmerksamkeit von der Politik.
A. Schmidt: Das stimmt. Jetzt geht es aber darum, aus diesem Interesse auch für uns Realpolitik werden zu lassen, das heißt unsere Position zu verbessern.
Dann kommt die Unterstützung von Rita McBride, Konzertmanagern und Künstlern doch gerade recht.
M. Schmidt: Ja, allerdings gibt es nicht nur gemeinsame, sondern auch eigene Interessen. Deswegen wäre es das Beste, wenn wir Künstler, egal ob freie Szene oder nicht, unsere Kräfte bündeln würden.
Welche Interessen hat denn die freie Szene, die Sie beide vertreten?
M. Schmidt: Wir brauchen bessere Probe- und Auftrittsmöglichkeiten und angemessene Förderbedingungen.
Zum Proben und für Vorstellungen sind hin und wieder das Central, die Probebühne des Schauspielhauses, und Schulaulen im Gespräch.
A. Schmidt: Vom Central haben wir nie mehr etwas gehört, und uns eine Turnhalle vorzuschlagen, ist schlichtweg eine Frechheit. Wir sind Profis, das Künstlertum ist unser Beruf.
M. Schmidt: Wir haben mit Unterstützung des Kulturamtes eine Erhebung in der Freien Szene zur Proberaumsituation gemacht. Das Ergebnis war: Es fehlen drei Proberäume und es gibt zu wenig Auftrittsmöglichkeiten.
Und, gibt es eine Lösung?
A. Schmidt: Ja, der Rat hat zugesagt, uns zwei Proberäume zur Verfügung zu stellen. Im Erdgeschoss des FFT-Gebäudes an der Jahnstraße und an der Winkelsfelder Straße, wo das Theater der Klänge seinen Sitz hat.
Das ist doch schon mal was.
A. Schmidt: Ja, aber unser Antrag auf eine Pauschale von 260 000 Euro für die freie Szene wurde nicht bewilligt.
Aber die freie Szene erhält doch im nächsten Jahr 1,2 Millionen Euro mehr als sonst.
A. Schmidt: Davon profitieren jedoch vor allem die großen Häuser, das Tanzhaus, das FFT und das Zakk.
Und das passt Ihnen nicht?
M. Schmidt: Prinzipiell finden wir es gut und einen Schritt in die richtige Richtung, die gesamte freie Szene zu stärken. Für uns ist es aber weiterhin sehr wichtig, die Künstler selber, die Freien Ensemble finanziell zu stärken, damit sie unabhängig von Häusern ihre innovative Arbeit voranbringen können. Das ist und bleibt für uns ein zentrales Anliegen. Und dafür brauchen wir ein weiterführendes, perspektivisches und beantragbares Fördermodell.
A. Schmidt: Wir sind davon überzeugt, dass die Mittel des Beirats für Tanz und Theater erhöht werden sollen und damit für alle Künstler der Freien Szene beantragbar. Eine Splittung der Gelder und das eröffnen eines weiteren Fördertopfes, der nur unter bestimmten, auch vom Land vorgegeben Kriterien zugänglich ist, deckt sich wenig mit unserem Anliegen.