Serie Gedichte im Hinterhof: „Ich möchte die Scheu vor Poesie nehmen“

Düsseldorf · Fredi Erdmann, Philipp Herold, Safiye Can – diese drei Literaten bestritten die zweite Hinterhoflesung.

Die mehrfach ausgezeichnete Dichterin Safiye Can will den Menschen die Scheu vor Poesie nehmen und zeigen, wie interessant Lyrik sein kann.

Foto: Christof Wolff

Über 100 Literaturbegeisterte folgten am Donnerstagabend den Hinweisen zur zweiten Hinterhoflesung in diesem Jahr. Gastgeber für die Veranstaltungsreihe des Zakk war der Börsenverein des Deutschen Buchhandels.

Der 19-jährige Fredi Erdmann gestikulierte wie ein Rapper im Rhythmus seiner Worte.

Foto: Christof Wolff

„Wie kann man einen Sommerabend besser verbringen, als unter Menschen, die Literatur lieben“, fragte Moderatorin Pamela Granderath in die Runde. Lyrik, Poetry Slam und kurze Bühnentexte standen auf dem Programm.

Wortspiele mit Tiefgang: Poetry-Slammer Philipp Herold war  aus Heidelberg angereist.

Foto: Christof Wolff

Den Anfang machte Fredi Erdmann. Der 19-Jährige war kurzfristig für Jill Ziegler eingesprungen und nutzte diese unverhoffte Chance. Gerade erst das Abi in der Tasche, weiß Erdmann schon ziemlich genau, wo die Reise für ihn hingehen soll. „Ich möchte mich erst einmal voll und ganz auf die Musik konzentrieren“, stellte er klar. Als Teil der Band Livlars und als Solokünstler. Aus seinem Songfundus trug der Düsseldorfer den Text „Simpel“ frei, ohne Manuskript vor. Er füllte seine Worte mit Leben, wechselte Tempi und Lautstärke, machte Pausen oder gestikulierte wie ein Rapper im Rhythmus seiner Worte. Das kam beim Publikum an, denn Fredi Erdmann hatte auch etwas zu sagen.Das wurde bei seinem zweiten Text an diesem Abend noch deutlicher, in dem er die Möchtegern-Revolutionäre aufs Korn nahm, die am Ende doch zu bequem für die Revolte seien.

Dann übernahm Philipp Herold das Mikro. Seit zehn Jahren ist der Heidelberger Poetry-Slammer. Für die Hinterhoflesung war er extra angereist. Regelmäßige Besucher der „Poesieschlacht“ im Zakk kennen Herolds Wortspiele mit Tiefgang bereits. Wie seine Kollegin Safiye Can, die ebenfalls an diesem Abend am Mikro stand, hält er Workshops für Nachwuchs-Poeten ab. Sein Tipp: „Immer authentisch sein und Selbstvertrauen in die eigenen Texte haben.“ Er ist überzeugt: „Wenn man auf die Bühne geht und so was sagt wie: ‚Ich weiß nicht, ob euch das gefällt …’, dann hat das Publikum gleich einen negativen Eindruck“.

Seine Zuhörer waren gleich vom ersten Satz an voll bei ihm. Ob er nun augenzwinkernd Wegbeschreibungen zum Ort, „wo der Pfeffer wächst“ gab oder Autobiografisches mit deutscher Geschichte vermischte.

Safiye Can will den Menschen die Furcht vor Poesie nehmen

Zum Einstieg in ihren Programmteil trug die Lyrikerin Safiye Can ein türkisches Gedicht vor, dessen Worte sie zunächst nachhallen lies, bevor sie dem Publikum auch die Übersetzung vorlas. „Ich möchte die Scheu vor Poesie nehmen und zeigen, wie interessant Lyrik sein kann“, bringt Safiye ihre Motivation auf den Punkt, ihre ganze Kreativität und Energie in Dichtung zu stecken.

An diesem lauen und kurzweiligen Augustabend erlebten die Zuhörer eine eindrucksvolle Bandbreite literarischer Ausdruckskraft – die zum Nachdenken anregte, aber auch Raum zum Schmunzeln bot.

„Wir wollen die Reihe ‚Hinterhoflesung’ auch 2020 fortsetzen“, kündigte Pamela Granderath an und appellierte an die Anwesenden: „Wer einen Hinterhof hat, der groß genug für eine Lesung ist, Toiletten zur Verfügung stellen kann und Nachbarn hat, die sich nicht beschweren, dann bitte bei uns melden“. Das Team des Zakk, das die Veranstaltung seit 2013 auf die Beine stellt, sucht interessante Orte, die es zu entdecken gilt.

Nächste Hinterhoflesung am 29. August um 19 Uhr im Quartier 8, Schwelmer Str. 8. Auftreten werden Jonas Baeck, Lucia Lucia und Marie Gehdannjez. Der Eintritt ist frei. Mehr Infos unter: