Einzelkritik Die Filme in den Programmkinos
Düsseldorf · In Düsseldorf startet unter anderem eine Dokumentation über Wim Wenders und eine Neuverfilmung von „Berlin Alexanderplatz“.
Marie Curie – Elemente des Lebens Marie Curie ist bis heute eine Leuchtturmfigur der Frauenbewegung. Die gebürtige Polin war gleich in mehrfacher Hinsicht Pionierin: als Ausländerin an der Sorbonne, als Wissenschaftlerin in einem reinen Männerbetrieb und dann auch noch in den Naturwissenschaften. Dahinter steckt eine gewaltige Energieleistung, die schließlich zu zwei Nobelpreisen (Physik und Chemie) führte. Doch damit ist die Vita noch nicht umrissen. Curie forschte weiter an der Nutzung der Radioaktivität für Röntgenaufnahmen und der Krebsbehandlung und war auch Ehefrau und Mutter. Die aus dem Iran stammende Filmemacherin Marjane Satrapi („Persepolis“) versucht die monumentale Biographie dieser Überfrau (gespielt von Rosamund Pike) ebenso auf der wissenschaftlichen Seite wie auf der Seite der Frauenbewegung zu stemmen – und überhebt sich dabei.
Die knappen 110 Minuten Laufzeit reichen eben nicht, um allem gerecht zu werden. Dabei wirken „innovative“ filmische Kunstgriffe wie Computertricks in diesem Biopic bisweilen irritierend. (Bambi, täglich 16 und 18.45 Uhr, Dienstag nur 16 Uhr)
Berlin Alexanderplatz Knapp 90 Jahre nach der Erstverfilmung und 40 Jahre nach dem TV-Mehrteiler von Rainer Werner Fassbinder hat sich der deutsch-afghanische Regisseur Burhan Qurbani an eine Adaption des Großstadtromans von Alfred Döblin gemacht, die man als sehr frei bezeichnen muss. Aus dem Ex-Knacki Franz Biberkopf wurde Francis, ein Flüchtling aus Guinea-Bissau, der die Passage über das Mittelmeer mit Glück überlebt und schließlich in einer Flüchtlingsunterkunft in Berlin landet. Obwohl er nach seiner Rettung beschlossen hatte, ein anständiger Mensch zu werden, gerät er bald in eine fatale Abwärtsspirale. Er lernt den Zuhälter und Drogenhändler Reinhold (Albrecht Schuch als Mischung aus gequälter Kreatur und bösartigem Schmierlappen) kennen, mit dem ihn bald eine tragische Hass-Liebe verbindet. . .
Die dreistündige Tragödie beweist einerseits den Mut zu einer ganz eigenständigen Interpretation der Vorlage, andererseits kann Hauptdarsteller Welket Bungué der dramatischen Kraft Albrecht Schuch in dieser schwarz-weiß-Konstellation nicht genug entgegensetzen. (Atelier, täglich 16.30 und 20.15 Uhr, Mittwoch nur 16.30 Uhr)
Sibyl – Therapie zwecklos Sibyl hat keine Lust mehr auf ihren Beruf als Psychiaterin, sie will sich lieber ihrer Leidenschaft als Schriftstellerin widmen. Doch andererseits ist sie völlig fasziniert von ihrer Patientin Margot, einer Schauspielerin, die ständig am Rande des Nervenzusammenbruchs wandelt. Kurzerhand begleitet Sibyl (Virginie Efira) den Jungstar zu den Dreharbeiten ihres neuen Films, auf der Insel Stromboli soll sie dabei helfen Margot zu stabilisieren. Doch am Set trifft Sibyl auf ein exzentrisches Wespennest nervlicher Überlastung. Und auch Sibyl muss sich mit ihrer Vergangenheit auseinandersetzen.
Ziemlich überdrehte Psycho-Komödie der französischen Regisseurin Justine Triet („Victoria – Männer und andere Missgeschicke“) mit jeder Menge schwarzhumoriger Gags, die im allgemeinen Tohuwabohu zum Selbstzweck mutieren. (Bambi, täglich 21.30 Uhr, außer Montag, am Dienstag im französischen Original mit Untertitel)
Wim Wenders - Desperado Freundliche Hommage. Zwölf Jahre nachdem Campino in Wim Wenders „Palermo Shooting“ die Hauptrolle spielen durfte, revanchiert er sich mit einer dokumentarischen Würdigung quasi von Düsseldorfer Jong zu Düsseldorfer Jong. Das Porträt präsentiert neben Interviews mit Wenders und Stars von Willem Dafoe über Patti Smith und Andie McDowell bis zu Kollegen wie Werner Herzog und Francis Coppola (mit dem er das Fiasko „Hammett“ erlebte) auch Besuche an den Drehorten, zum Beispiel von „Paris, Texas“. Aus ihrer Bewunderung für Wenders filmisches Kompositionstalent machen Campino und sein australischer Co-Autor Eric Friedler („It Must Schwing“) keinen Hehl. (Cinema, täglich 19 Uhr, außer Sonntag und Dienstag)
Waves In der Tat, die Leinwand wird „schwärzer“ aber die Schwarzen werden irgendwie „weißer“. Arg nach weißer Mittelklasse sieht dieses schwarze Familiendrama aus. Kein Wunder, denn Autor und Regisseur ist der weiße texanische Regisseur Trey Edward Shults, der mit der Indie-Horror-Produktion „It Comes At Night“ bekannt wurde. Erzählt wird die Geschichte von zwei Geschwistern, die mit ihrem dominanten Vater Ronald in Florida leben. Im ersten Teil des Films wird die Geschichte von Tyler (Kelvin Harrison jr.) erzählt. Der 18-Jährige ist ein talentierter Ringer und träumt von einem College-Stipendium und einer Sportkarriere, doch sein Ehrgeiz lässt ihn eine Verletzung ignorieren, er greift zu Medikamenten. Als ihm seine Freundin Alexis eröffnet, dass sie schwanger ist, eskaliert die Situation in eine tragische Bluttat.
Der Film wechselt die Perspektive und erzählt von Tylers Schwester Emily (Taylor Russel). An der Schule lernt sie den schüchternen Weißen Luke (Lucas Hedges) kennen. Für sie scheint der Traum von der Liebe in Erfüllung zu gehen.
Das Geschwisterdrama setzt wie „Queen & Slim“ auf Werbefilmfotografie mit Popmusik, jedoch ohne schwarze Agitation. Das Stakkato aus Selfie-Musik-Einlagen und Dialogszenen wirkt mitunter wie ein Snapchat-Film, auf die Dauer ermüdend. (Metropol, täglich 17 Uhr und 20.15 im Atelier, am Mittwoch um 20.15 Uhr im englischen Original mit Untertiteln)