Kritik an einer alten Liebe

Als Regisseur liebt Dominik Graf Düsseldorf — aber die jüngste Entwicklung stößt ihm sauer auf.

„Es ist mir nicht in die Wiege gelegt worden, zwei meiner wichtigsten Filme in Düsseldorf zu drehen“, sagt Dominik Graf zu Beginn der Lesung. Gar nicht wie ein Star sieht der einflussreichste deutsche Regisseur der Gegenwart aus, als er am Samstag mit Turnschuhen, Jeans und Fleecejacke auf die Bühne im Filmmuseum steigt, um mit Filmjournalist Olaf Möller über sein Werk und seine Liebe zur Landeshauptstadt zu plaudern. Schon rein optisch verkörpert er dabei das Motto: Das Werk steht im Vordergrund, nicht der Künstler.

Dass Düsseldorf zu seiner „Lieblingsfilmkulisse“ wurde, geschah zufällig, wie Graf zugibt. Eigentlich wollte die Bavaria, dass sein bekanntester Film „Die Katze“ 1987 in Bayern gedreht wird — nur fand man keine geeignete Location. „Ein Hotel, eine Bank gegenüber, schnelle Zubringer in die Peripherie, das ging in München einfach nicht.“ Als Graf eines Morgens in Düsseldorf aus dem Nachtzug steigt und das Hotel Nikko auf der Immermannstraße sieht, weiß er plötzlich: „Das Idealmotiv steht vor mir.“

Vielmehr bekommt man von Düsseldorf allerdings auch nicht zu sehen. Die Bavaria drängte mich, nicht noch mehr Aussenszenen in Düsseldorf zu drehen. Also suchte ich in München verzweifelt nach Düsseldorf „look-a-likes“. Die Lobeshymnen gehen aber noch weiter. „Während des ganzen Drehs dachte ich, dieses Düsseldorf ist ein unentdecktes Juwel.“ Ein Juwel, dem er auch später noch die Treue hält.

„Düsseldorf blieb ein Traum von mir“ — und so drehte er seinem Film „Die Sieger“ sieben Jahre später erneut am Rhein. Es sind die breiten Sichtachsen, die Graf faszinieren, etwa in der Innenstadt oder am Rhein. „Köln kann man dagegen nur im Hochformat filmen, und immer ist der Dom im Bild.“ An einem Ausschnitt aus „Die Sieger“ demonstriert er, was er an Düsseldorf so mag — und erntet dafür Lacher und Beifall aus dem Publikum. Denn zu sehen ist die Szene, in der eine Polizeikolonne über den Tausendfüßler rast — gefilmt vom Dach des Dreischeibenhaus aus.

„Ich will damit sagen: Düsseldorf hätte eine große Filmstadt werden können — bis morgen früh. Denn wer den Tausendfüßler abreißt, will mit Film nichts mehr zu tun haben“, sagt er am Abend, bevor der Abriss der Hochbahn beginnt. Und die Filmfans stimmen ihm zu.