Kunst im digitalen Raum Des Museums neue digitalen Kleider
Düsseldorf · Die Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen hat im Schatten der Corona-Krise eine neue Webseite und digitale Strategie gestartet. Wir werfen einen Blick darauf.
Auch ohne Corona, vor und nach dieser Krise, leben wir in einer Zeit, in der in vielen Bereichen das Reale und Digitale oft auf nützliche und schöne Weise ineinandergreift. Manchmal macht es Sinn, manchmal ist es nur eine hübsche Spielerei.
Auch Museen, Orte, die sich heute mehr denn je als ein Katalysator für Gesellschaft und Kultur verstehen wollen, agieren zunehmend selbstbewusst mit digitalen Medien, mit den Möglichkeiten des Internets und den Errungenschaften zeitgenössischen Web- und Benutzeroberflächen-Designs. Manchmal dauert es ein bisschen – und manche Wege, die gerade große und daher oft auch unflexible Institutionen auf ihren Webseiten einschlagen, scheinen bisweilen auch mal über Ziele hinauszuschießen. Oder es wird viel versprochen und hinter hochglänzend versprochenen Oberflächen verbirgt sich doch nur die bekannte manchmal staubtrockene Ödnis, die man leider von manchen Katalogen kennt. Die beste und wohl auch nachhaltigste Art Kunst zu vermitteln, ist immer noch das Unmittelbare vor Ort. Projekte, Führungen und Co., die Menschen direkt an die Kunst bringen, durch die kompetente Arbeit unzähliger hochqualifizierter Kunstvermittler. Doch Corona macht auch Museen einen Strich durch die Rechnung, vor allem aber auch den Kunstvermittlern, die wie viele Berufe zurzeit, um ihre Existenz bangen müssen.
Die Kunstsammlung spricht von einem „Digitalen Museum“
Aber unabhängig von dieser aktuellen, bedenklichen Lage, gibt es gerade, wenn es um die Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen geht, eine Neuerung zu vermelden; eine Nachricht, die im Schatten von Corona etwas unter den Tisch gefallen zu sein scheint. Denn K20 und K21 haben jetzt eine neue Website. Und nicht nur das – die Kunstsammlung spricht sogar von einem „Digitalen Museum“. Denn neben einer reinen Aufhübschung oder vielleicht Verbesserung der Nutzererfahrung auf der Internet-Seite mit den sonst üblichen, vielleicht etwas handlicher aufgearbeiteten Inhalten, bietet man auch ganz neue Wege, Ausstellungen multimedial erfahrbar zu machen. Nun, ganz so einfach und ganz so recht geht so etwas ja wohl nicht. Denn wie will man das Erlebnis eine Ausstellung persönlich besucht, die Kunst und ihre Aura – hier sei gerne und emphatisch nochmal auf Benjamin verwiesen – wahrhaftig erlebt zu haben, auf ein wie auch immer perfekt gefügtes digitales Produkt münzen? Zugegeben, ähnliche Fragen würden sich auch zur Sinnhaftigkeit von Katalogen und Co. stellen – und weil es wenig zielführend sein dürfte, diese Frage hier in extenso zu erörtern, lassen wir es lieber und bleiben dabei: nichts geht über das Vor-Ort-Erlebnis.
Auch zu hören: Gesprochene Korrespondenzen von Picasso
Aber wenn das nun mal nicht geht, oder als schöne Vor- und Nachbereitung können multimediale Inhalte, wie sie die Kunstsammlung nun mit ihren digitalen Guides „K+“ entwickelt hat, durchaus dienlich sein. Und wenn sie so informativ und schön gestaltet sind, wie die interaktive Präsentation zur aktuellen Ausstellung „Pablo Picasso. Kriegsjahre 1939 bis 1945“, dann verdient das viel Lob und Aufmerksamkeit und den Hinweis an alle Kunsthungrigen, die zurzeit nach jedem Strohhalm greifen, sich die Präsentation anzusehen. Dort finden sich neben umfassenden Begleittexten, schönen Abbildungen und Co. auch Bewegtbilddokumente und beispielsweise vorgelesene Korrespondenzen zwischen Picasso und seinen Wegbegleitern. Das Design der Benutzeroberfläche erinnert mit Gleiteffekten und in der ganzen Anmutung an typische Präsentationen, die zurzeit Mode sind. Doch durch den gut gemachten Inhalt und ansprechende Details gewinnt dieser Auftakt zu „K+ Digital Guide“, dem digitalen Booklet, an Faszination. Mehr geht immer. Vielleicht ein virtueller Rundgang?
Zur digitalen Offensive des Museums zählt zudem das Etablieren eines Podcasts; der unter anderem über die Mediathek der Website abgehört werden kann. Dort finden sich auch Image-Filme, die auf den jeweiligen Seiten zu Ausstellungen oder den Standorten K20 und K21 auftauchen. Zum Beispiel ein Trailer zu der Ausstellung im K21 „I´m not a nice girl“ mit Arbeiten von Eleanor Antin, Lee Lozano, Adrian Piper und Mierle Laderman Ukeles.
Die Webseite an sich wirkt übersichtlicher, und wichtige Fragen lassen sich durch wenige Klicks beantworten. Zudem soll, so die Kunstsammlung, die Sammlung durch die neu konzipierte „Sammlung online“ entdeckt werden können. Also viele Infos und Fotos zu all dem, was in den beiden Häusern zu sehen ist. War da nicht schon Derartiges 2016/2017 angekündigt? War nicht schon damals von einer Digitalstrategie die Rede?
Eines sei erwähnt: Corporate Identities leben von Etablierung und zeitlos langem Atem. Wenn man alle paar Jahre an der Markenidentität eines Museums schraubt, landet man irgendwann in Beliebigkeit. Was ist eigentlich mit dem neuen „alten“ Logo, entworfen von der Agentur Boros passiert? Die mit den mehrfach schräg gestellten fetten serifenlosen Buchstaben? Boros waren für das neue Corporate Design der Website mit Unterstützung der Agentur Giraffentoast verantwortlich.