Martialisch, militärisch, wild - Wagners "Ring" feiert Premiere in Düsseldorf
Dietrich Hilsdorf inszeniert den „Siegfried“ aus Wagners „Ring des Nibelungen“ an der Deutschen Oper am Rhein in Düsseldorf.
Düsseldorf. Martialisch, militärisch und wild geht es zu in der Neuinszenierung von Richard Wagners „Ring des Nibelungen“. Im Dritten Teil, „Siegfried“, ist das Gewaltsame auf die Spitze getrieben — sowohl im Stück selbst als auch in der Visualisierung durch Dietrich Hilsdorf (Regie) sowie Dieter Richter (Bühne) und Renate Schmitzer (Kostüme). Nun fand die Premiere an der Deutschen Oper am Rhein in Düsseldorf statt.
Wotan, getarnt als Wanderer, trägt noch immer einen Militärmantel, auch Siegfried kleidet sich in Tarnfarben. Und Brünnhildes Panzer ist ein abgestürzter Militärhubschrauber. Die Familien-Dynastie rasselt halt gerne mit dem Säbel. Die Nibelungen-Zwerge haben es mehr mit dem bürgerlichen Mammon.
Fafner (famos: Thorsten Grümbel) liegt unterdessen zum bestialischen Lindwurm verwandelt in seiner Neidhöhle. Dort kauert er in dieser Inszenierung aber nicht in Form des schuppigen Drachens, sondern als Mensch, der sich im Bauch einer Dampflok verschanzt und nur den Anschein erweckt, ein gepanzertes Ungetüm zu sein — sozusagen eine Art Zauberer von Oz. Zugleich erinnern die Lok und die Schienen, die aus der Höhle herausführen, an das Zeitalter der Industrialisierung und den beginnenden Wohlstand von Bürgern.
So wie Wagner als Texter und Komponist kleine Witze ins große Drama streut, ist auch Regisseur Hilsdorf nicht um Gags verlegen. Wanderer Wotan ist auf dem Fahrrad unterwegs. Wer genau hinschaut, erkennt gar ein Modell der deutschen Traditions-Marke „Wanderer“. Manchmal übertreibt es Hilsdorf mit den Mätzchen: Dass sich Erda (Okka von der Damerau) im Zweiten Akt nur schlafend stellt, wirkt etwas albern, auch ihr von Wagner nicht vorgesehenes Auftauchen auf dem Walkürenfelsen im Dritten Akt an der Stelle, wo Brünnhilde von Erdas Wissen spricht, hat etwas von einer Klamotte.
Gleichwohl: Hilsdorf erweist sich einmal mehr als versierter Theatermann mit viel Wissen um Bühnenwirkungen. Die Story weiß er verständlich und spannend mit seinen Regie-Mitteln zu erzählen, und auch die Verzahnung der Personenregie mit der Musik gelingt perfekt wie bei einer Ballett-Choreografie. Das kann witzig wirken beispielsweise, wenn Mime in Vorfreude auf Fafners Schatz synchron zu Wagners karikierenden Klängen über die Schienen tänzelt. Die Premiere überzeugt vor allem musikalisch: Die Düsseldorfer Symphoniker zeigen sich unter der Leitung von Generalmusikdirektor Axel Kober in Hochform. Spieltechnische Perfektion bis in alle Bläser-Soli (besonders brillant: Horn-Solo von Uwe Schrumpf) verbindet sich mit dem farbenreichen Sound, der bei Wagner eine so große Rolle spielt. Im Orchestergraben entstehen auch starke Spannungsbögen, die gerade bei einem so langen Werk wie dem „Siegfried“ den Hörer wach halten.
Die Sängerbesetzung besitzt Bayreuth-Niveau. Allen voran: Charaktertenor Cornel Frey, der den Mime mit komödiantischer Brillanz in allen Facetten der satiretauglichen Falschheit darstellt. Seine Textverständlichkeit ist dazu wie die eines Theaterschauspielers.
Aber auch alle anderen Protagonisten beeindrucken: Heldentenor Michael Weinius zeigt in allen drei Akten starke stimmliche Präsenz — was in dieser anstrengenden Partie ein echtes Kunststück ist. Wieder einmal grandios: Bassbariton Simon Neal als Wanderer, der seinen Wotan-Speer mit Würde trägt und auch stimmlich souverän die dunkle Grandezza des Göttlichen zum Ausdruck bringt. Linda Watson hat als Siegfried-Brünnhilde eine kurze, aber anspruchsvolle Partie, in der sie sich sehr wacker schlägt. Auch Sopranistin Elena Pereg als Waldvogel und Jürgen Linn als Alberich lassen keine Wünsche offen. Begeisterter Beifall für Sänger und Orchester, gemischte Resonanz fürs Regieteam.
Termine Circa fünf Stunden (zwei Pausen), Vorstellungen: 22. und 29. April um 17 Uhr, 6. Mai um 15 Uhr und 10. Mai um 17 Uhr, Opernhaus Düsseldorf
Karten: Telefon 0211/8925211.
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