Musikszene Düsseldorf: „Ein Musikzentrum muss her“

Philipp Maiburg und Klaus Klöppel sind Manager der Musikszene. Zum WZ-Serienstart sagen sie: Düsseldorf nutzt sein Potenzial nicht.

Düsseldorf. Kraftwerk und die Toten Hosen stehen für Düsseldorf wie Löwensenf und Killepitsch. Dabei bietet die Stadt wesentlich mehr in Sachen Musik. Diese WZ-Serie stellt in den kommenden Wochen weitere Künstler vor wie den weltweit populären DJ Loco Dice, den Singer/Songwriter Honig und die Reggea-Hip-Hop-Formation Mighty Mammut Movement.

Kostproben ihres Könnens geben einige von ihnen beim Open Source ab morgen auf der Galopprennbahn. Philipp Maiburg, künstlerischer Festival-Leiter, und Klaus Klöppel, Leiter der Jungen Aktionsbühne und des Spektakulums, sind Kenner der Szene. Eine Bestandsaufnahme.

Herr Klöppel, welchen Weg empfehlen Sie Bands, die mit ihrer Musik erfolgreich sein wollen?
Klaus Klöppel:
Es gibt eine Faustregel: Man sollte als Band einzigartig und fleißig sein, außerdem zur richtigen Zeit am richtigen Ort die richtigen Leute treffen. Es sind so viele Faktoren und Menschen wichtig, die dich protegieren, dass auch viel Glück dazugehört.

Herr Maiburg, Sie haben mit dem Open Source eine Recherche zur Proberaum-Situation in Düsseldorf gestartet. Welche Voraussetzungen bietet Düsseldorf insgesamt für junge Musiker?
Philipp Maiburg:
Das ist ein großes Feld, es fängt bei der Proberaumsituation an, geht über Förder- bis zu Auftrittsmöglichkeiten. In Sachen Proberäume steht Düsseldorf schlecht dar, das ist schon lange fragwürdig und ein generelles Problem einer wachsenden Stadt mit Zulauf und immer weniger Freiraum. Natürlich findet man beispielsweise in Wuppertal schneller einen Proberaum, deshalb boomt die kreative Szene dort total. Die Frage ist, was Düsseldorf gegen den Weggang aus der Stadt tun kann. In Sachen Förderungssituation gibt es einige Formate für junge Bands, ebenso Clubs, in denen Nachwuchsbands spielen können.

Als Leiter der Jungen Aktionsbühne und des Spektakulums organisieren Sie seit Jahren Nachwuchswettbewerbe, Herr Klöppel. Welches Ziel verfolgen Sie?
Klöppel:
Ich sage seit 20 Jahren, dass die Rock- und Popmusik der Stadt eins zu eins zur Kirchen- und E-Musik gefördert werden muss. Unser Beitrag zu dieser Gleichstellung umfasst drei Punkte: Wir bringen junge Bands mit etablierten Künstlern in Kontakt und wir versuchen beim Booking Düsseldorfer Bands als Support für größere Bands wie Fanta Vier, Selig, Luxuslärm oder Auletta unterzubringen. Bei Wettbewerben wie dem City Beats werden zusätzlich Preisgelder ausgeschrieben.

Diese Nachwuchs-Wettbewerbe sind eine ausreichende Förderung?
Klöppel:
Nein, das Preisgeld und die neuen Kontakte bringen zwar jede Band voran, aber das sollte nicht alles sein. Die Proberaumsituation ist schlecht. Auftrittsmöglichkeiten gibt es, aber danach kommt nichts. Währenddessen öffnen andere Städte Pop-Akademien. Wir haben in Düsseldorf ein Wirtschaftsdenken in allen Bereichen, nur in Sachen Kultur und den Pop/Rock-Bereich nicht. Wir brauchen ein Zentrum, das Proberäume, kleine Auftrittsmöglichkeiten und andere Teile der Musikindustrie beheimatet. Es muss doch auch in der Landeshauptstadt möglich sein, qualifizierte Aufbauarbeit zu leisten. Zuvor muss der Wille in der Politik hierfür auch da sein.

Maiburg: Da gebe ich Klaus Recht. Die Gründerzentrum-Idee finde ich super. So ein Zentrum kann ja auch ein Standort-Vorteil sein. In einer Stadt, die Modeunternehmen und Agenturen beheimatet, suchen die Menschen auch Inspiration in den Subkulturen und der freien Szene. Wenn ich nach Köln fahre, muss ich nur ins Barthonia-Forum: Da sitzt die Intro, dort habe ich die Band Beirut für das Open Source Festival gebucht und ich kann auch noch zur c/o pop herübergehen. Ein super Ort, so etwas fehlt hier.

Musikförderung also für junge Bands mit Aussicht auf kommerziellen Erfolg?
Maiburg:
Nein, nicht nur, denn es gibt Unterschiede zwischen der professionellen Individual-Förderung und einen grundsätzlichen Musikförderung. Es gibt sehr viele junge Bands, die mit dem, was sie tun, die Lücke im Leben zwischen Spielplatz und NRW-Forum schließen. Für die Entwicklung des Menschen ist es doch total positiv, Musik zu machen und sich auf eine Bühne zu stellen. Es geht also einerseits um Wirtschafts- und Kulturförderung, aber auch um Jugendarbeit.

Mit Stabil Elite kommen mal wieder echte Popstars aus Düsseldorf. Wie erklären Sie sich den Erfolg?
Maiburg:
Die Band hat sich aus der Szene des Salon des Amateurs unter Detlef Weinrich entwickelt. Sie dockt an die pophistorische Vergangenheit an, die Düsseldorf alleinstellt. Stabil Elite hat diese Vergangenheit aufgenommen und eine wundervolle Platte gemacht.

Also bedarf die Band keiner Förderung mehr?
Maiburg:
Falsch, der nächste Schritt wäre kein städtisches Förderprojekt, sondern zum Beispiel die Initiative Musik auf Bundesebene. Mit dieser Initiative, die seit einigen Jahren besteht, ist Deutschland auf einem guten Weg, aber immer noch Lichtjahre hinter Ländern wie Schweden, Frankreich oder England. Dennoch ist es positiv, dass man mittlerweile erkannt hat, dass Kultur nicht 100 Jahre alt sein muss, um förderfähig zu sein.

Klöppel: Richtig, es ist doch unglaublich, dass man aus einem Land wie Schweden mit neun Millionen Einwohnern geradezu von erfolgreichen Künstlern überflutet wird. Das liegt vor allem daran, dass die Rock/Pop-Förderung dort parallel zur klassischen Musik läuft. Es ist viel einfacher, dort Förderung zu erhalten.
Maiburg: Wir müssen anfangen, die richtigen Strukturen aufzubauen. Das, was zwei bis drei Jahrzehnte vernachlässigt wurde, müssen wir in den nächsten fünf bis zehn Jahren aufholen. In Düsseldorf und in Deutschland.