Schräge Fantasien im Musical "49 ½ Shades of Grey"

Ex-„Misfit“ Gerburg Jahnke präsentiert in Düsseldorf mit „49 ½ Shades of Grey“ schräge Fantasien aus der Welt der Erotik.

Foto: Jens Hauer/dpa

Düsseldorf. Die Kabarettistin und Regisseurin Gerburg Jahnke (59) besitzt Humor von entwaffnender Direktheit und Talent für gut platzierte Pointen. Sie wagt sich dabei weit hervor insbesondere in den Bezirk der Erotik.

Mit der deutschen Adaption der amerikanischen Musical-Parodie „49 ½ Shades of Grey“ geht sie ein ganzes Stück weiter als beispielsweise mit der brillanten Wechseljahre-Revue „Heiße Zeiten“, die sich im Vergleich zu „Shades of Grey“ geradezu harmlos ausnimmt.

Jetzt gibt es nicht nur viele Anspielungen auf Sexuelles, sondern auch das volle Vokabular. Zur platten Vulgarität ist es nur noch ein kleiner Schritt. Da gerät das Unterfangen gewissermaßen zur Gratwanderung entlang der Gürtellinie. Nackte Haut wird allerdings kaum gezeigt, dafür gibt es eindeutige Körpersprache in Hülle und Fülle und Verbal-Erotik bis zum Abwinken. Mancher will wohl Augen und Ohren verschließen.

Der leitmotivisch durch das Musical führende Song der Protagonistin Anastasia gibt sich doppeldeutig. „Da ist ein Loch ganz tief in mir“, singt sie mit romantischem Pathos, während das Publikum beginnt zu lachen. Zum Lachen soll die Stelle wohl auch sein, trotz der sentimentalen Musik, die die sinnbildlich seelische Seite der Formulierung ausdrückt — Parodie pur.

Derweil verfügt die Sängerin Beatrice Reece als Ana über eine große Musicalstimme, wie gemacht für emotionale Momente. Dass sie über einen recht fülligen Körper verfügt, gehört offenbar zum Konzept. Denn keiner der Hauptdarsteller entspricht den in der Erotikbranche handelsüblichen Idealmaßen. Auch ihr ach so begehrenswerter Liebhaber, der schwerreiche Christian, wird von keinem Beau dargestellt, sondern von einem zum Pummeligen neigenden Sänger, André Haedicke, der zum Liebesspiels im pinkfarbenen Trägeranzug erscheint. Christian geriert sich als unwiderstehlicher Zampano. Er steht nicht auf Romantik, eher auf Praktiken aus der Sado-Maso-Szene, wobei er die Peitsche führt.

Die Geschichte stammt aus dem Bestseller „50 Shades of Grey“, den drei Damen auf einem Sofa gemeinsam lesen. Der Leseclub bildet dabei eine Art Rahmenhandlung. Besonders viel Spannung entsteht dabei nicht, dafür tauchen witzige Figuren auf wie „Die innere Göttin“ — ein in Gold gehüllter Transvestit als Sinnbild für eine innere Stimme, die nach sexueller Entfaltung ruft. Pluspunkte gewinnt die Produktion vor allem durch die Musik und die vierköpfige Band, die in Lack und Leder an den Instrumenten sitzt. Auch die Tänzer bringen durch dynamische Auftritte Schwung in die Sache.