Performance im FFT „Shakagaike“: Übertitel mal anders

Düsseldorf · Das Stück beleuchtet sprachlich-kulturelle Missverständnisse zwischen Deutschland und Japan. Und Enten.

Jun Tsutsui, Dracom und das FFT zeigten nun „Shakagaike“ – Der Buddha-Teich mit Natsumi Kamada und Nadja Duesterberg.

Foto: Christian Herrmann

Zwei Schauspielerinnen, ein relativ karger, dunkler Raum mit weißen Spotlights auf dem Boden und ein geschwungener, auf den Boden drappierter Domino-Parcours – ergänzt durch zwei Rednerpulte mit Laptops, die via Kabel mit Beamern an der Decke verbunden sind, jene Kabel übrigens sind mit bunten LEDs versehen, die an gewissen Stellen der Performance aufleuchten werden: Das sind die Rahmenbedingungen der Performance „Shakagaike“ – das ist der Name eines Teichs in der japanischen Präfektur Osaka – der auch „Der Buddha-Teich“ genannt wird, von Jun Tsutsui in Kooperation mit Dracom und dem FFT, die nun im Rahmen der siebten Nippon Performance Nights aufgeführt wurde.

Doch den zentralen – wenn man so möchte – Protagonisten dieser durch und durch sympathisch geerdeten und unprätentiösen Performance haben wir noch nicht erwähnt. Übertitel in kleiner weißer Schrift, projiziert auf zwei schwarze, von der Decke hängende Tafeln. Denn diese werden, der eigentliche Aufhänger, der Schlüssel zu dem werden, was die Performance hermeneutisch zu transportieren sucht.

Die beiden Schauspielerinnen Natsumi Kamada – die Japanerin – und Nadja Duesterberg  – die Deutsche – bilden die beiden vertauschbaren Gegenpole, auf die das Gerüst der Performance fußt. Und in diesem Fall ist es nicht nur statthaft, sondern sogar erwünscht, ihre Attribute als deutsch/europäisch und japanisch/asiatisch hervorzuheben, denn auf eben jene Attribute kultureller und sprachlicher Natur kommt es den Machern an. Sie thematisieren auf bewusst minimalistische und zutiefst „handgemacht“ anmutende Weise eine latent immer bei kulturellem Dialog mitschwingende Frage: Verstehen wir uns überhaupt? Können wir uns verstehen, selbst wenn wir übersetzt bekommen, was der andere sagt, aber eben nicht in dessen Kopf hineinblicken können?

Die Übertitel, die das streng vorgegebene „Skript“ des Abends im Wechsel oder auch mal parallel auf Deutsch und Japanisch wiedergeben , wirken wie ein Faden, an dem sich die sprachliche Verwirrung und die kulturellen Unterschiede entlangziehen.

Aufhänger ist eine Geschichte, die sich im 19. Jahrhundert an eben jenem Teich, nachdem die Performance benannt ist, zugetragen haben soll. Prinz Heinrich von Preußen jagte dort Enten, obwohl es verboten ist, er wird zurechtgewiesen. Es kommt zu Missverständnissen, zu diplomatischen Verwicklungen – aus dem Ereignis wird eine Geschichte, aus der Geschichte ein Märchen. Das in Teilen auf sehr humorvolle Weise von den Performerinnen vor dem Publikum wieder zum Leben erweckt wird. Es gibt sogar ein vorgetäuschtes Harakiri (eine rituelle Selbsttötung). In der Tat ist der Vorstellung nur wenig „heilig“ , es wird bewusst auch mit Vorurteilen agiert. Oder doch nicht?

Und wie in Märchen spielt die Performance mit Wiederholungen, mit dem zirkulären Wiederkehren von Bedeutung. Ganz wie die Gewohnheiten, die unseren Alltag prägen und die von Land zu Land bisweilen massiv unterschiedlich sind. Etwa bei dem Thema der „Entschuldigung“, das veranschaulicht wird. Japaner entschuldigen sich immer und überall, aber nicht vom Herzen, Deutsche vermeiden es, um sich nicht angreifbar zu machen – so indes verkürzt, könnte vielleicht ein Vorurteil lauten. Doch die Performance will zeigen, dass daran viel mehr Wahrheit ist, als bloß ein Märchen zu sein.

Stellenweise wünscht man sich ein bisschen mehr Straffung, eine klarere Zugrichtung, die durch die Wiederholungen und dramaturgischen Lücken – bewusst? – konterkariert wird. In dieses unprätentiöse Bild passt auch, dass es zu technischen Störungen der Übertitel kam, die sich aber fast organisch in die ästhetische Anmutung des ganzen fügten, fast, als wären sie gewollt. Ähnlich, wie das am Rande der Bühne abgestellte Klappfahrrad, das einem neugierig machte, wie es denn nun szenisch eingesetzt würde, aber sich schließlich doch als nicht zur Inszenierung gehörig erwies. Durch einen „Ententanz“ am Schluss ironisiert man alles – war es nur am Schluss ein großer Scherz?

Nochmal am Freitag und Samstag jeweils um 20 Uhr. FFT Juta (Kasernenstraße 6).