Tanzhaus NRW: Bei Renz dominiert die Technik den Menschen
In „Bullit“ im Tanzhaus NRW führen die Tänzer ein Schattendasein. Eine Lichtinstallation beherrscht die Bühne.
<strong>Düsseldorf. Am Ende sind die Zuschauer mit der Lichtinstallation von Chris Ziegler allein. Die 48 kreisförmig gebogenen Neonröhren, die in einem rechteckigen Rahmen in vier Reihen zu je zwölf Stück angeordnet sind, blinken ihre kryptischen Signale Richtung Publikum. "Bullit" nennt sich die Tanzperformance von Arco Renz und seiner Compagnie "Kobalt Works", in der die Technik in Form dieser Installation den Tanz beziehungsweise seine Wahrnehmung durch den Zuschauer so stark strukturiert, dass die Aktionen der vier Akteure fast sekundär werden. Im Tanzhaus war "Bullit" jetzt als deutsche Erstaufführung zu sehen.
Gleichmäßig pulsierende, sich in ihrer Dynamik wandelnde elektronische Musik (Marc Appart) ist der Performance fast durchgängig unterlegt. Die Bühne ist eine Blackbox, die Lichtinstallation Zieglers hängt bis kurz vor Schluss hinter einer Sichtblende verborgen. Die Lampen sind auf die Bühne, nicht ins Publikum gerichtet.
Lange Phasen, manche erscheinen anfangs auch zu lang, sind die mit transparenten hautfarbenen Leibchen bekleideten je zwei Tänzerinnen und Tänzer (Renz tanzt selbst mit) in einem mal flackernden, mal konstanten, jedenfalls aber kaum wahrnehmbaren Grundlicht nur zu erahnen. Kurze Blitzlichter erhellen schlagartig die Szenerie, die dabei erfassten Posen brennen sich ein.
In Blacks, die wie Filmschnitte wirken, ersetzt ein Tänzer auch mal eine Tänzerin, oder die Anzahl der Aktiven ändert sich. Nur einmal setzen Musik und Licht durch die Installation aus, andere Scheinwerfer kommen zum Einsatz. Doch die quasi dem Schattenreich entkommenen Akteure müssen sich bald wieder dem Diktat von Licht und Sound unterwerfen.
Kurz vor Schluss senkt sich die Installation dann herab. Da steht noch eine Tänzerin an der Rampe. Sie schaut fragend ins Publikum. Dann tritt sie unter der Installation hinweg in den Hintergrund, der Rahmen wird frontal zum Publikum ausgerichtet und blinkt seine Signale.
Die Technik, also auch das Licht, unterstützt die Akteure - das ist der Normalfall im Theater. Renz und Ziegler brechen mit dieser Konvention, die Technik scheint den Menschen gar zu dominieren. Herzlicher Applaus für eine beeindruckend konsequente Studie, deren Abstraktheit aber kaum Emotionen weckte.