Theater: Innenansichten aus einer verkehrten Welt
„Faites vos Jeux!“ von Hofmann & Lindholm wird uraufgeführt.
Düsseldorf. Stelle man sich vor, 1968 wäre nicht 40 Jahre her, sondern geschehe heute: Wogegen könnten sich all die friedens-, freiheits- und weltverbesserungsbewegten Studenten, Spontis und Straßenkämpfer wohl am Anfang des 21. Jahrhunderts wenden? Establishment? Was meint der Begriff noch gleich? Die bürgerliche Kleinfamilie? Erlebt in Zeiten vergreisender Industriestaaten eine Renaissance.
Eine berechtigte Frage also, die sich das Kölner Regie-Duo Hofmann & Lindholm stellt. Das Ergebnis des Kreativprozesses, der dieser Frage folgte, ist "Faites vos Jeux!" - ihre neueste Arbeit, die morgen im FFT Juta ihre Uraufführung erlebt.
Hannah Hofmann und Sven Lindholm, die seit 1999 gemeinsam inszenieren, haben sich an der Schnittstelle von Theater, Performance und bildender Kunst etabliert. Ihre Bühnenprojekte sind subversive Brechungen von Alltagsrealitäten - so drehen sie etwa den modernen Warenverkehr um, indem sie Konsumgüter in das Angebot von Kaufhäusern einschmuggeln.
Aus dem scheinbar Absurden entwickelt das Duo szenische Denkanstöße - Hannah Hofmann nennt sie "utopische Gebrauchsanweisungen" für eine andere Zukunft.
Bei "Faites vos Jeux!" ist dieser Ansatz mit einem Hauch Widerstandsgeist gepaart - "Revoltainment" eben, so der Untertitel des Stückes. Auf der Bühne wird aus der Perspektive von sieben Vertretern unterschiedlicher Berufsgruppen ein fiktiver "Tag X" erzählt, ab dem die Menschen sich plötzlich in ihren Supermärkten, Banken, Feuerwehrstationen oder Krankenhäusern einschließen, um fortan nur noch alle betriebsinternen Ressourcen zu verbrauchen. Konsum statt Produktion also, ein Umbruch etablierter Arbeitsbeziehungen in einem Kapitalismus paradox.
Besonders dabei: Die Darsteller in "Faites vos Jeux!" sind echte Verkäufer, Bankangestellte oder Busfahrer, die sich selbst spielen. Durch diese für Hofmann & Lindholm typische Einbeziehung von "Alltagsexperten" bekommen die Innenansichten einer verkehrten Welt eine besondere Authentizität - bis es am Ende heißt: "Nichts geht mehr!"