Lesung Tobias Moretti liest im Robert-Schumann-Saal für den verstorbenen Bruno Ganz

Düsseldorf · Ganz hatte ein Konzept für einen musikalisch-literarischen Abend erstellt, doch er starb überraschend im Februar. Im Schumann-Saal las jetzt Moretti die ausgewählten Werke, begleitet von Musikern des Delian Quartetts.

Tobias Moretti hat das Konzept seines verstorbenen Freundes Bruno Ganz übernommen.

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Dieser Abend hätte Bruno Ganz bestimmt gefallen. Der im Februar verstorbene Schauspieler hatte viel Zeit und Herzblut in ein ganz besonderes Programm gesteckt, das sein Kollege und Freund Tobias Moretti gemeinsam mit dem Delian Quartett am Sonntagnachmittag auf die Bühne des Robert-Schumann-Saals brachte.

Nichts Geringeres als die „Magie des Orients“ wollte Bruno Ganz einfangen. In enger Zusammenarbeit mit dem 2007 gegründeten Delian Quartett verbrachte der Schweizer viele Stunden, ging Tausende Seiten mit Texten über den Orient durch. „Er kochte für uns und wir hatten viele Gespräche“, erinnert sich ein Ensemble-Mitglied zu Beginn dieses besonderen Nachmittags. Dann stand das Programm, die ersten Termine für eine kleine Tournee waren gebucht und alle waren voller Erwartung, wie das Publikum dieses „Herzensprojekt“ von Bruno Ganz wohl annehmen würde.

Das Schicksal hatte aber leider andere Pläne. Der 77-Jährige erhielt eine niederschmetternde Diagnose, die ihn dazu zwang, alle Termine abzusagen. „Es war für ihn keine leichte Vorstellung, dass ein anderer diese Texte vortragen würde“, gibt einer der Musiker offen zu. Umso wichtiger war es allen, dieses außergewöhnliche Projekt, in dessen Konzeption so viel Arbeit und Leidenschaft steckt, für einen Nachmittag zum Gedenken an Bruno Ganz realisieren zu können. In Eckhart Schulze-Neuhoff, Leiter des Robert-Schumann-Saales, fanden sie eine große Unterstützung, um das Vorhaben im Rahmen der „Zweiklang-Reihe“ zu realisieren, und in Tobias Moretti genau den Richtigen, um in Bruno Ganz‘ Sinne die Textauswahl vorzutragen. Moretti unterbrach dazu eigens Dreharbeiten und ließ sich auch durch eine Grippe nicht davon abhalten, nach Düsseldorf zu kommen.

Der Schauspieler Bruno Ganz ist im Februar im Alter von 77 Jahren in Zürich gestorben.

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Das Publikum erlebte im ersten Teil des Programms eine Reise durch den Orient mit vielen aktuellen politischen und historischen Bezügen, vom Gerangel der Europäer um archäologische Grabungsrechte in Syrien über Streifzüge durch Istanbul und das vom Krieg gebeutelte Aleppo. Das Delian Quartett stellte den Texten Kompositionen von Schostakowitsch und Debussy oder Filmmusik von Peyman Yazdanian aus „White Nights“ gegenüber.

So ernst und nachdenklich der Auftakt, so heiter und unterhaltsam dann der zweite Teil des Programms. Augenzwinkernde Geschichten von einem Geizhals oder einem Einäugigen und einem Esel (beide aus der Feder von Claudia Ott) im Wechsel mit Anekdoten Goethes und Scheherazades Erzählungen aus „1001 und einer Nacht“ (zusammengestellt von Nikolai Rimski-Korsakow). Die Musiker stimmten entsprechend mitreißende Melodien an, wie Beethovens „Türkischen Marsch“ oder Alfred Schnittkes „Polka“.

Zum Abschluss rezitierte Tobias Moretti zur Musik aus „White Nights“ eine Mediation des großen orientalischen Dichters Rumi.

In manchen Passagen, die Moretti vortrug, meinte man, Bruno Ganz‘ Stimme zu hören, denn die beiden Schauspieler haben eine ähnliche Stimmlage. „Ich hatte das Gefühl, er war mit uns hier in diesem Raum“, sagte Tobias Moretti überzeugt. Den tosenden Applaus des Publikums hat er dann bestimmt gehört.