Tony Cragg verlässt die Akademie
Anlässlich seiner Ausstellung in der Galerie Fischer spricht der Bildhauer über seine Zukunft.
Düsseldorf. Die aktuellen Skulpturen von Tony Cragg in der Konrad-Fischer-Galerie wirken wie ein Höhepunkt zum Abschied, denn der berühmte Bildhauer hört an der Kunstakademie Düsseldorf auf. Seit 1979 hat er hier gelehrt, seit 1988 als Professor und von 2009 bis 2013 als Rektor. Am 9. April wird er 65 Jahre alt. Nun sagt er im WZ-Gespräch: „Ende des Sommers wird es Zeit, dass ich die Akademie verlasse. Mein Atelier ruft.“
Die Arbeit am Eiskellerberg sei für ihn sehr wichtig gewesen. Beim Rückblick meint er: „Ich habe viele gute Studenten gehabt. Und ein sehr großer Teil von ihnen arbeitet weiter. Wir werden sicherlich noch mehr von ihnen hören. Es müssen nicht immer schnelle Erfindungen und Erfolge sein. Die Bildhauerei dauert immer etwas länger.“
Er habe auch als Rektor sehr viel für die Akademie getan und sei zufrieden. In der Tat sicherten seine Berufungen die Zukunft des Hauses. Zuletzt stieß er die Bildhauerausstellung in der Kunstsammlung an und betreute die Herausgabe des ersten Geschichtsbuchs über die Akademie von 1945 bis heute.
Eine Aufgabe ist noch unvollendet, und das sind die 40 geplanten Meisterateliers in den denkmalgeschützten Rheinbahnhallen am Steinberg. Cragg erklärt: „Ich bin von Rita McBride, der jetzigen Rektorin, gebeten worden, die Studios am Steinberg weiter zu verfolgen. Das tue ich auch, denn es war meine Idee. Das Kunsthochschulgesetz gibt uns die Möglichkeit, ein Postgraduiertenstudium einzurichten. Dafür brauchen wir diese Ateliers. Aber sie müssen auch gewollt sein.“
Die Probleme schildert er ohne Umschweife: „Die Stadt Düsseldorf will die Ateliers und die Ministerien will sie auch. Nur ist es etwas verhängnisvoll zu wissen, dass die von der CDU regierte Stadt nicht mit dem von der SPD regierten Land redet. Das kompliziert die Sache. Aber das Postgraduiertenstudium ist vorgesehen. Es wäre das Einzige in Deutschland.“
Für die Realisierung sieht Cragg wenig Probleme. Er meint: „Wir haben Architekten im Haus. Kalle Petzinka begleitet das Projekt seit Jahren. Wir brauchen aber Investoren und eine Planung für das Gesamtprojekt.“
Und die Zeit nach der Professur und dem Rektorat? Tony Cragg hat viel vor. Er zählt auf: „Ich bereite mich auf eine Ausstellung im Madison Square Park vor, einem großen Park in der Mitte von New York mit einem Ausstellungsprogramm für Außenskulpturen. Ich plane eine Schau im neuen Nationalmuseum von Baku, der Hauptstadt von Aserbaidschan. Das Riesengebäude wurde von Zaha Hadid entworfen. Nach der Vernissage mit Werken von Andy Warhol stelle ich aus. Ich plane aber auch Projekte für Salzburg, Luxemburg und Ravello, wo sie jährlich für drei Monate fantastische Konzerte zu Ehren Richard Wagners aufführen.“
Craggs Kunst ist extrem ausgereift. Er erklärt: „Wir sind als Naturwesen organisch definiert. Andererseits basieren unser Skelett, unsere Muskeln, Zellen und Moleküle auf einer geometrischen Basis.“ Auf seine eigene Kunst übertragen, heißt das: „Ich benutze zwei unabhängige skulpturale Formen, die ich ineinander stelle. Die eine Form blickt nach links, die andere nach rechts. Dadurch wetteifern die Formen miteinander und manchmal verwerfen sie sich.“
Die Holzarbeiten sind nicht aus Baumholz, es würde splittern und reißen. Cragg: „Ich benutze Schichtholz und trage mehrmals farbige Beize auf, die sehr tief in die Holzfasern eindringt. Zuletzt wird die Oberfläche mit Wachs behandelt.“
Extremer seien die Formen aus Edelstahl. Er sagt: „Ich bin selbst überrascht, wie radikal ich sie entwickelt habe.“ In ihrer Dynamik scheinen sie den Körper aus Metall verlassen zu wollen, auf dem Weg in die reine Bewegung — ebenso wie Cragg, der schon bald die Kunstakademie verlassen wird.