Uraufführung am Schauspielhaus: Wenn wir von Liebe reden

Oliver Reese inszeniert „Warum tanzt ihr nicht?“ nach Erzählungen von Raymond Carver am Schauspielhaus.

<strong>Düsseldorf. "Warum tanzt ihr nicht?" fragt der seltsame Mann das junge Paar, das ihm doch nur einige Möbel abkaufen will. Die beiden schütteln heimlich die Köpfe über ihn, aber der Sonderling legt eine alte Platte auf, und plötzlich tanzt er mit der jungen Frau auf eine Weise, die sie sich später selbst nicht mehr erklären kann: Sinnlich und wild führen Kathleen Morgeneyer und Winfried Küppers vor, wie man von der Erotik überrumpelt werden kann. Erstarrt steht Urs Peter Halter dabei, als Zuschauer einer Szene, die ihm klar macht, wie wenig er seine Frau kennt.

Die Kurzgeschichten von Raymond Carver beleuchten Momente zwischen Menschen, in denen sich plötzlich und rätselhaft etwas ändert. "Wovon wir reden, wenn wir von Liebe reden" beginnt als nettes Gespräch unter zwei Paaren, in dem die eifrig beteuerte Liebe mit zunehmendem Alkoholgenuss in verdrossene Abneigung umschlägt, als würden in zwanzig Minuten zwanzig Jahre Ehe im Schnelldurchgang durchlebt.

Diese Geschichte hat Regisseur Oliver Reese aufgespalten, was keine gute Idee war, da der Spannungsbogen jedes Mal unterbrochen wird. Der Chefdramaturg des Deutschen Theaters Berlin, der 2009 als Intendant das Schauspiel Frankfurt übernehmen wird, hat nach seiner erfolgreichen Bearbeitung von Ingmar Bergmans "Treulose" am Düsseldorfer Schauspielhaus nun Geschichten von Raymond Carver dramatisiert, in denen es oft um das gleiche Thema geht.

Allerdings hat Reese sie allzu sehr auf ihren Kern reduziert und ihnen damit teilweise ihr Geheimnis genommen. Bald hat man als Zuschauer die Formel: ‚Liebe + Seitensprung = Unglück’ begriffen und ahnt, dass Priester im Beichtstuhl oder Analytiker hinter der Couch wohl auch die Langeweile kennen.

Wenn Kathleen Morgeneyer (in "Was ist denn?") ihr Cabrio verkaufen muss, sieht man, was da noch alles drin steckt an gescheiterten Lebensträumen, und Daniel Graf als ihr Mann zeigt die wachsende Verzweiflung, als er beim Warten in der Nacht begreifen muss, dass seine Frau nicht nur das Auto verkaufen musste.

2 ¼ Std. ohne Pause, Auff.: 21., 29. und 30. 12. , 19.30 Uhr, Kleines Haus, Karten unter Telefon: 0211/ 36 99 11

Vita Raymond Carver wurde 1938 in Clatskanie, Oregon, geboren. Er starb 1988.

Karriere Schon mit seinem ersten Erzählband "Würdest du bitte endlich still sein" erlangte Carver Ruhm, der vom auf seinen Geschichten basierenden Kinofilm "Shortcuts" von Robert Altman noch übertroffen wurde. Weitere Erzählbände sind: "Kathedrale", "Erste und letzte Storys" sowie "Wovon wir sprechen, wenn wir von Liebe sprechen".

Ehre Kurz vor seinem Tod wurde er in die American Academy of Arts and Letters aufgenommen.