Erinnerungen an den großen Verleger Wie Klaus Wagenbach seine Liebe zu Büchern erklärte

Düsseldorf · Mit einer großen Rede über Bücher und Leser eröffnete der Verleger im Jahr 2006 das Heine-Haus. Eine Erinnerung anlässlich seines Todes.

Verleger Klaus Wagenbach im Jahr 1995.

Foto: dpa/Bernd Settnik

Große Verlegerpersönlichkeiten kommen an der Geburtsstadt Heinrich Heines nicht vorbei. Und so hat auch Klaus Wagenbach, der jetzt im Alter von 91 Jahren gestorben ist, seine Spuren dort hinterlassen. Im Schauspielhaus hatte er Gedichte seines Autors Erich Fried kommentiert, vor allem aber hielt er eine große Rede zur Eröffnung der Literaturhandlung Müller und Böhm im Heine-Haus. Im Jahr 2007 war das, und wer das Manuskript, mit Schreibmaschine geschrieben und handschriftlich redigiert, heute liest, ist berührt von der unverdrossenen Bücherliebe des Verlegers wie auch von seiner Weitsicht.

 Denn schon damals zeigten sich erste Krisen in der Branche, weshalb er die Neueröffnung eines Buchgeschäfts gleich zu Beginn als „eine Buchhandlung in ihrer verschärften Form“ bezeichnete. Das machte Wagenbach, ein Freund des Hauses, auch an den Bestellungen von Rudolf Müller und Selinde Böhm fest – wie etwa an den fünf Exemplaren von Vasaris „schönem Buch über die Gemmenschneider und Glasmaler der Renaissance“. Ein vielleicht exotisch anmutendes Thema, dafür war es dann aber in der Buchhandlung zu entdecken.

Und genau das schätzte Wagenbach so ungemein. Leser, die sich überraschen lassen wollen und eben nicht nur bestellte Bücher einfach abholen. Für Wagenbach spiegelte sich im mangelndem Interesse am Unbekannten auch der Geist einer Gesellschaft, „die sich nichts anderes mehr als sich selbst vorstellen kann“. Das rieche, so Wagenbach, schon schwer „nach Glaubensgemeinschaft“, die damit in eine Zeit vor der Aufklärung zurückfiele. Auch darum hing nach seinen Worten die Zukunft der Bücher davon ab, „wie weit sich ein glaubensstarker Geruch aus alten Zeiten verbreiten“ könne. Aus diesem Grund, so der Verleger, „sollen wir die Bücher lieben. Nicht alle, natürlich. Aber doch die aufklärenden und anarchistischen, die geschichtsbewussten und gedankenverlorenen, die ungewöhnlichen und neuen, nicht zu vergessen die übersetzten Bücher, nicht nur, weil sie uns etwas aus der Fremde erzählen, sondern auch etwas über uns selbst.“

Diese berührende Eröffnungsrede von Klaus Wagenbach ist vor allem das: eine große Liebeserklärung – an die Bücher, an das Lesen und die Leser. Bei alldem war er felsenfest davon überzeugt, dass das Buch nicht verschwinden werde. Aus diesen schönen Gründen: „Oder haben Sie etwa alle Bücher in ihren Regalen gelesen? Na also. Sie haben beim Kauf daran geschnüffelt. Sie haben mittendrin aufgehört, beim Eselsohr, das noch heute die Stelle bezeichnet. Sie haben sich ein Buch vom Autor signieren lassen und dann vergessen, dass sie es Ihrer Freundin schenken wollten. Sie wurden bei der Lektüre unterbrochen, Sie wollten das Buch schon immer lesen…“