OB Geisel war Schirmherr Kunst-Projekt mit Gülen-Färbung?
Organisator von „Düsseldorf mit meinen Augen“ soll der Gülen-Bewegung angehören. Oberbürgermeister Thomas Geisel war 2015 noch Schirmherr des Kunstprojekts. Stadt geht auf Abstand.
Düsseldorf. 2015 hatte Oberbürgermeister Thomas Geisel (SPD) noch die Schirmherrschaft für das Kunstprojekt „Düsseldorf in meinen Augen“ für Schüler übernommen. Das ist bei der diesjährigen Auflage nicht mehr der Fall. Dies sei zwar nicht als bewusste Distanzierung zu verstehen, wie ein Stadtsprecher mitteilt, jedoch hat es jüngst bei der Stadt eine Neubewertung des Ausrichters, dem Verein „Ein Stein/Ribif“ gegeben: In der Vergangenheit gab es in Politik und Medien immer wieder Diskussionen um eine mögliche Nähe zur Gülen-Bewegung. Trotzdem taucht unter anderem das Stadtmuseum als Kooperationspartner von „Düsseldorf in meinen Augen“ auf der Webseite des Projekts mit Logo auf.
„Nachdem in politischen Gremien, Medien und der Öffentlichkeit Kooperationen von öffentlichen Institutionen mit dem Verein kritisch hinterfragt wurden, gab es eine Neubewertung von Seiten der Stadt. Dafür wurde auch die Einschätzung der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen sowie weitere Expertisen zur Gülen-Bewegung zur Bewertung herangezogen“, erklärt Michael Bergmann.
Das Ergebnis der Neubewertung: Der Verein bekenne sich in seiner Satzung nicht klar zu bestimmten Werten, wie etwa der Gleichberechtigung der Frau, erklärt Stadtsprecher Michael Bergmann. „Ein Stein/Ribif“ gehört dem „Verband engagierte Zivilgesellschaft NRW“ an, der dem Gedankengut des im Exil lebenden Predigers Fethullah Gülen nahe steht.
Gülen gilt als Gegenspieler des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Gülen und seiner vermeintlich weltoffenen Weltanschauung wird seinerseits von Kritikern eine Islamisierung durch Bildung vorgeworfen (mehr dazu siehe Kasten).
Seit 2012 wird der Verein „Ein Stein/Ribif“ bereits nicht mehr vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) als Integrationskursträger geführt. Wieso es überhaupt zu Kooperationen mit der Stadt kommen konnte, kann Ratsherr und Lehrer Pavle Madzirov, der auch integrationspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion ist, nicht nachvollziehen. Die Nähe zur Gülen-Bewegung sei bekannt gewesen. „Auf meine Anfrage als Leiter des damaligen Integrationsausschusses vor einigen Jahren hat der Verein mir ganz offen seine Nähe zur Gülen-Bewegung bestätigt“, sagt Madzirov.
„Ich will den Verein an sich gar nicht bewerten. Aber ich bin nicht dafür, weder die eine noch die andere Seite der innertürkischen Konflikte in irgendeiner Weise zu unterstützen oder zu bekämpfen. Da sollten wir um Neutralität bemüht sein.“ Die Schulen hätte die Stadt mit Blick auf das Kunstprojekt, bei dem sich Schüler ab der dritten Klasse beteiligen können, über den Organisator aufklären müssen, so Madzirov.
Der Verein „Ein Stein/Ribif“ hatte beim Jugendamt vor etwa zwei Jahren einen Antrag auf Anerkennung als freier Träger der Jugendhilfe gestellt, was eine kleine Kommission des Jugendhilfeausschusses im Januar 2016 nicht genehmigte. Parallel dazu hatte es einen Antrag beim Paritätischen Wohlfahrtsverband gegeben, das Verfahren wurde im Juli dieses Jahres vorerst gestoppt. Der Paritätische erklärt: „Das Aufnahmeverfahren wurde aufgrund noch weiterer notwendiger Gespräche durch die Kreisgruppe und die Fachgruppe des Paritätischen NRW sowie aufgrund personeller Veränderungen innerhalb des Vereins verschoben.“
Der Stadt wirft Pavle Madzirov vor, zu wenig darauf zu achten, welche Projekte sie unterstützt. „Vor kurzem hatten wir erst eine Ausstellung mit frauenfeindlichen Motiven im Rathaus, was erst auffiel, als die Bilder hingen.“ Er meint die Ausstellung der muslimischen Ahmadiyya-Gemeinde, die für Kritik gesorgt hatte. Die Stadt sagt dazu, dass man nicht jedes Kunstwerk im Vorfeld prüfen könne.
Dass das Stadtmuseum als Kooperationspartner auftritt, sei überdies nicht inhaltlicher Natur. Es gehe lediglich darum, die Räume für die Arbeiten der Schüler zur Verfügung zu stellen. Der Verein indes gibt sich weiterhin stadtnah: Auf der Webseite des Kunstprojekts dankt der Verein der Stadt: „Einen herzlichen Dank an unseren Oberbürgermeister für seine Unterstützung im Jahre 2015-2016!“ heißt es da. Die Initiative wird beschrieben als „ein Projekt von Ein Stein/Ribif e.V., das im Jahre 2015 unter der Schirmherrschaft von Herrn Oberbürgermeister Thomas Geisel startete“.
Als Kooperationspartner tauchen neben dem Stadtmuseum noch der Caritasverband Düsseldorf, die Diakonie, der Kinderschutzbund und der Verein Krass auf der Webseite auf.
Jedoch: Die Diakonie versucht derzeit, ihr Logo von der Seite entfernen zu lassen. „Es gab im Frühjahr ein Vorgespräch zu einer möglichen Zusammenarbeit in diesem Projekt, diese kam aber gar nicht erst zustande“, erklärt Rudolf Brune vom Vorstand der Diakonie.
Die Caritas hingegen will auch weiterhin den Verein als Kooperationspartner unterstützen. „Wir haben derzeit keinen konkreten Anlass, die Zusammenarbeit mit dem Verein Ein Stein Ribif infrage zu stellen“, sagt Sprecherin Stephanie Agethen. Interreligiöse Projekte, die den Dialog — unter Einbeziehung demokratischer Wertvorstellungen — fördern, lägen im Interesse der Caritas. Als Förderer des Projekts „Düsseldorf mit meinen Augen“ ist die Fritz-Henkel-Stiftung aufgeführt.
Der Verein „Ein Stein/Ribif“ war in der vergangenen Woche leider nicht für ein Gespräch mit unserer Zeitung zu erreichen.