Kunstsammlung Vom „Personal Guide“ Picasso erklären lassen

Düsseldorf · Weil große Gruppen in Coronazeiten nicht „bedient“ werden können, gibt es im K20 und K21 individuelle Führungen.

„Personal Guide“ Bettina Meyer bei einer ihrer Führungen.

Foto: Kunstsammlung/Wilfried Meyer

Quasi aus der Corona-Not geboren etabliert sich derzeit eine neue Art des Museumserlebnisses in der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen: Sowohl im K20 also auch im K21 werden individuelle Führungen mit sogenannten „Personal Guides“ angeboten. Eben weil Führungen mit größeren Gruppen wegen des Abstandsgebots derzeit weiterhin nicht möglich sind, gibt es dieses neue Format, das man individuell, aber auch für bis zu vier Personen aus maximal zwei Haushalten buchen kann.

„Das Gespräch über die Kunstwerke läuft natürlich viel mehr im Dialog ab und es hat einen exklusiveren Charakter als eine Gruppenführung“, sagt Bettina Meyer. Die  bildende Künstlerin und Museumspädagogin ist eine von rund 30 freien Mitarbeitern, die für die Kunstsammlung NRW im Rahmen des Bildungs- und Vermittlungsprogramms tätig sind. Sie hat bereits mehrere solcher individuellen Führungen durchgeführt, erlebt dabei deutlich intensivere Gespräche mit den Kunstinteressierten, als dies etwa bei Führungen mit 15 oder mehr Personen möglich ist.

Wobei die Menschen durchaus unterschiedliche Hintergründe haben. So muss Meyer auch darauf gefasst sein, dass sie, wie in dieser Woche geschehen, von einem Kunsthistoriker gelöchert wird. Wenn Meyer etwa durch die noch bis zum 26. Juli im K20 gezeigte Ausstellung „Pablo Picasso 1939 bis 1945“ führt, muss sie natürlich jedes Mal auf den historischen Hintergrund eingehen, der einfach dazugehört. Die Zeit des Zweiten Weltkriegs, und wie eben diese Jahre sich möglicherweise stilbildend auf Picasso ausgewirkt haben. Die Deutung der genau datierten Bilder im historischen Kontext und wie sich die Zeit darin widerspiegelt.

Über die Bildbeschreibung in die Diskussion und Deutung

„Was ich vermittle, sind Informationen über die Kunst und über den Menschen Picasso“, sagt Meyer. Sie kann nicht für die anderen „Personal Guides“ sprechen, erzählt aber, wie sie ihre Arbeit macht: Sie versuche, die Menschen anzustupsen. „Ich lasse sie beschreiben, was sie sehen, dann kommen wir ins Gespräch. Wie zum Beispiel über das Picasso-Bild mit dem Titel ,Meerale’. Dort sind mehrere Meeresbewohner in ganz und gar nicht gutem Zustand zu sehen, mit offenen Mündern, offensichtlich nach Luft ringend. Dann frage ich einfach: Was glauben Sie, wie geht es den Fischen, sind sie bereits tot, was erscheint Ihnen Besonderes an dem Bild? Dann kommen wir darauf, dass Picasso es ohne räumliche Tiefe gemalt hat, dass die Fische uns gewissermaßen entgegenkippen.“ Und dann sei man auch schon bei der Interpretation, was das mit der Zeit zu tun hat. Vermisste Picasso in den Kriegsjahren die Fischmärkte?

Meyer provoziert bewusst, was den Betrachter an einem Bild stören mag. „Das meine ich nicht im negativen Sinne, sondern meine Frage bezieht sich darauf, wo das Auge anhält, verharrt.“ Ganz besonders freut sie sich, wenn Kinder dabei sind. „Die mache ich dann zu Experten, weil sie einfach besser sehen können als wir Erwachsene. Sie sind meine Helfer, weil sie viel besser darin sind, Bilder zu beschreiben. Die schaffen in fünf Sätzen, wofür Erwachsene eine Viertelstunde brauchen.“ Sie selbst stoße am Beginn eines Gespräches über ein Bild die Besucher an: „Versuchen Sie mal, nicht so viel zu denken, beschreiben Sie, was sie sehen.“ Und dann komme man schnell in eine Diskussion, in die Interpretation.

Für die seit dem 23. Mai mögliche Buchung von „Personal Guides“ gibt es laut Susanne Fernandes-Silva, Sprecherin der Kunstsammlung NRW, bereits ein großes Interesse. Täglich kämen Buchungsanfragen herein, sagt sie. Die Leute können selbst vorschlagen, welchen Termin sie gern hätten, dann wird geprüft, ob sich das mit einem der rund 30 „Personal Guides“ realisieren lässt. Auch Führungen in Englisch sind möglich. Neben dem normalen Eintritt (zwölf Euro) werden 75 Euro für die einstündige Führung fällig. Kommt einer, muss er das allein bezahlen, mehr Personen (derzeit bis zu vier), können sich die Kosten teilen. Ob die Besucher nach der Führung dann noch allein zur Vertiefung  eine Runde durch die Picasso-Ausstellung drehen können, hängt von der Auslastung ab. Derzeit dürfen wegen der Corona-Abstandsregeln gleichzeitig nur 60 Menschen in die Ausstellung.

Aber diese wenigen Menschen, das hat Meyer festgestellt, genießen die Kunst nach der langen Coronapause viel intensiver als vorher. Nicht nur, weil sich ja nun keine großen Menschenmengen in den Museumsräumen drängen können. Meyer: „Die Leute schätzen die Ruhe, wieder vor einem Original stehen zu können, die persönlichen Gespräche sind intensiver als vor Corona, durch die Quarantäne gibt es eine ganz andere Ruhe, das Rausgehen, der Kulturgenuss ist bewusster.“

Individuelle Führungen kosten 75 Euro für 60 Minuten. Dazu kommt der Eintrittspreis (zwölf Euro). Die „Personal Guides“ können gebucht werden unter:

0211 8381204 oder online:

service@kunstsammlung.de

An Wochenenden und Feiertagen stehen zu bestimmten Zeiten in der Picasso-Ausstellung auch Kunstexpertinnen und Kunstexperten zum Gespräch über die knapp 70 Werke bereit.