Lehrer lehnen Pauken im Sommer ab
Der Vorschlag für Nachhilfe in den Ferien statt Sitzenbleiben kommt bei den Lehrkräften nicht gut an.
Düsseldorf. Geht es nach dem Bildungsforscher Prof. Wilfried Bos, sollen Schüler nicht mehr sitzenbleiben. Einer seiner Vorschläge lautet, dass stattdessen Lehrer in den Sommerferien in die Schule kommen, um Nachhilfe zu geben — für ein extra Gehalt von 5000 Euro. Die lange Pause zwischen zwei Schuljahren werde so besser genutzt. Lehrer und Schulleiter in Düsseldorf halten nicht viel von der Idee.
„Schüler eine Klasse wiederholen zu lassen, bringt wenig. Das stimmt. Mehr als ein Denkzettel mit kurzer Wirkung kommt nicht dabei raus. Aber pauschale Lösungen wie Nachhilfe in den Ferien helfen nicht. Man muss vielmehr je nach Schüler schauen, welche Ursachen die schlechten Noten haben“, sagt Gymnasial-Lehrerin Hanna Tuszynski. Bei manchen fehle es an der persönlichen Reife, andere hätten vorübergehend einen Durchhänger. Und wieder andere hätten schon seit Jahren ihre Probleme. „Wenn ein Schüler beispielsweise die letzten drei Jahre keine Französisch-Vokabeln gelernt hat, kann er das unmöglich in drei Wochen aufholen.“
Sylvia Burkert, Sprecherin der Gewerkschaft für Bildung in Düsseldorf, stimmt ihr zu. „Der Vorschlag ist ein unüberlegter Schnellschuss. In der kurzen Zeit der Ferien kann man nur punktuell etwas erreichen.“ Schwache Schüler bräuchten vielmehr das ganze Jahr über Unterstützung. „Und man kann sich ja denken, wie hoch die Motivation zum Lernen ist, wenn eigentlich endlich Ferien sind. Auch Schüler brauchen mal eine Pause — mehr noch als Erwachsene.“
Sie glaubt allerdings, dass sich Lehrer finden, die die Nachhilfe anbieten würden. „Das sind die, die wegen befristeter Verträge ab den Sommerferien erst einmal ohne Bezahlung dastehen.“
Pavle Madzirov, stellvertretender Leiter des Albert-Einstein-Gymnasiums, will beobachtet haben, dass die Nachfrage nach solchen Kursen gesunken ist.
„Stadt und Land bieten in den Oster- und in den Herbstferien Nachilfekurse mit qualifizierten Kräften an. Ich habe selbst oft genug Kinder aus meiner Schule dorthin empfohlen, aber ich habe den Eindruck, der Bedarf ist nicht mehr da.“ Zudem meint Madzirov, Kinder und Lehrer verbrächten monatelang viel zeit miteinander, da sei in den Ferien eine „Pause voneinander“ mal ganz gut.
Um die Ruhepause der Kollegen sorgt sich Tuszynski. „Der Sommer ist die einzige Zeit, in der wir Lehrer mal am Stück frei haben.“ Alle anderen Ferien seien meist gefüllt mit Arbeit — mit der Korrektur von Klausuren, mit der Vorbereitung von Prüfungen und ähnlichem — je nach Fach mit unterschiedlichem Aufwand. Gerade vor Schuljahresende sei es besonders hart. Die freie Zeit sei unerlässlich, um wieder aufzutanken — für Lehrer genauso wie für andere, die in sozialen Berufen arbeiten.
Dem stimmt Wolfgang Mesenholl, scheidender Rektor des Luisen-Gymnasiums zu: „Die Lehrer haben in den Sommerferien nicht etwa sechs Wochen Freizeit, sie müssen zu Besprechungen in die Schule, haben zudem unerledigte schulische Dinge abzuarbeiten. Da bleiben maximal vier Wochen übrig, und die brauchen die Kollegen auch.“