Handball-Zweitligist Rhein Vikings gegen Sportstadt: Die wichtigsten Fragen und Antworten

Düsseldorf · Der Handball-Zweitligist liegt am Boden, die Stadt Düsseldorf hat ihr Sponsoring beendet. Dagegen hat ein Gesellschafter geklagt. Worum geht es bei dem Streit zwischen Verein und Stadt genau? Die WZ gibt Antworten.

Niklas Weis und die Rhein Vikings beim 27:33 gegen Nordhorn, eine von 17 Saisonniederlagen. Mit gerade mal fünf Punkten nach 20 Spielen sind die Vikings Letzter der zweiten Liga.

Foto: Lepke, Sergej (SL)

Das Handball-Projekt zwischen ART Düsseldorf und Neusser HV liegt nach gerade mal eineinhalb Jahren sportlich am Boden. Nun droht die Debatte um die Zukunft der Rhein Vikings zur öffentlichen Schlammschlacht zu werden. Diese Woche eskalierte der Streit zwischen Stadt und Verein. Unsere Redaktion beantwortet die wichtigsten Fragen.

Worum geht es überhaupt?

Um die Rhein Vikings. Anfang 2017 gründeten der ART und der NHV einen Kooperationsverein, um den Profihandball in der Region zu stärken. Neuss war in die zweite Bundesliga aufgestiegen, hatte aber keine passende Halle, die gab es dafür in Düsseldorf, das im ART aber nur einen Viertligisten hatte. Also taten sich die Klubs zusammen. Die städtische Vermarktungsagentur „Sportstadt Düsseldorf“ sollte selbst sponsern sowie Geld von Stadttöchtern und externen Firmen besorgen. Anfangs lief es, auch sportlich, doch der Verein lebte früh über seine Verhältnisse, konnte irgendwann Rechnungen nicht zahlen, Pfändungen drohten. Die Sportstadt schreibt in ihrer Stellungnahme unter der Woche gar von „wiederholt rückständigen Spieler- und Trainergehältern“. Bereits im April 2018 nannte Sportstadt-Berater Peter Kluth die Situation in einer Email „existenzbedrohend“. In der jetzigen Stellungnahme heißt es, „Ausgabe- und Einnahmeverhalten standen von Beginn an nicht im Einklang“. Im zweiten Jahr stürzte das Team auch sportlich ab, die Hinrunde beendete es abgeschlagen auf dem letzten Platz. Zuschauer und Sponsoren machten einen Bogen um die Vikings, die Geldprobleme wurden größer, ebenso der Streit zwischen Stadt und Verein.

Was führte zur Eskalation?

Ende 2018 kündigte die Sportstadt den Vikings ihren Sponsoringvertrag. Dagegen geht Thomas Koblenzer nun vor. Der ehemalige Geschäftsführer und heutige Gesellschafter der Vikings hat die städtische Agentur verklagt. Zudem veröffentlichte er diese Woche zahlreiche Dokumente (Verträge, Sitzungsprotokolle, internen Schriftverkehr) und lud zu einem Pressegespräch, bei dem er Vorwürfe gegen die Stadt erhob.

Warum hat die Stadt gekündigt?

Weil sie sagt, es gebe keine Besserung und sie könne kein öffentliches Geld mehr in ein Fass ohne Boden werfen. Sie habe die Vikings mehrfach aufgefordert, „eine Fortführungsprognose der Spielbetriebs GmbH bis zum Ende der Saison 18/19 darzulegen“ — also einen glaubhaften Finanzierungsplan für die nächsten Monate. „Das ist leider bis heute nicht erfolgt“, heißt in einer Stellungnahme zur Klage unter der Woche.

Warum klagt Koblenzer?

Weil er sagt, die Kündigung sei nicht rechtens. Die Vikings hätten durchaus Fehler gemacht, im sportlichen wie wirtschaftlichen Bereich, aber der Sportstadt stets Bericht erstattet und der beauftragten Wirtschaftsprüfungsgesellschaft „alle erbetenen Unterlagen zugesandt und überdies ein gut zweistündiges Gespräch mit den Wirtschaftsprüfern vor Ort geführt“. Die Sportstadt müsste also weiter sponsern, andernfalls drohe den Vikings die Insolvenz.

Was will Koblenzer?

Sein Geld zurück. All das, was er selbst investiert hat. Koblenzer bezeichnet sich als den „größten Sponsor des Handballprojekts“, er war schon vor Vikings-Zeiten beim Neusser HV der entscheidende Geldgeber und sponsert bis heute die Vikings über diverse Firmen. Da die Sportstadt ihren Teil der Abmachung aber nun nicht mehr einhalte, sei der Verein vor dem Aus, sein eingesetztes Geld verloren. Also will er es zurück, es geht um mehr als eine Dreiviertelmillion: 759 673,98 Euro.

Welche Beweise legt er vor?

Verträge, Sitzungsprotokolle und internen Schriftverkehr, aus dem hervorgehen soll, dass Stadtvertreter den Vikings zugesichert haben, den Verein mindestens zwei Saisons lang zu unterstützen: mit 200 000 eigenen Mitteln aus dem Sportstadt-Sponsoring und vor allem über die Vermittlung von Sponsoren (Stadttöchter, externe Firmen). Insgesamt sollten 800 000 Euro aus Düsseldorf pro Jahr in die Vikings fließen. Aber dieses Versprechen habe die Stadt nie eingehalten, nun habe sie die Geduld verloren und sich dem Erstligisten Bergischen HC aus Wuppertal und Solingen zugewandt. Für das neue Projekt lasse die Stadt die Vikings „fallen wie eine heiße Kartoffel“.

Was sagt die Stadt dazu?

Dass die Vikings eben nicht alle Unterlagen vorgelegt haben, obwohl die Stadt sie dazu „mehrfach und im Zusammenhang mit der Kündigung der Sponsorenverträge auch schriftlich aufgefordert“ habe, heißt es in der Stellungnahme vom Dienstag. Sie selbst habe dagegen stets sauber gearbeitet, sogar mehr als nötig gezahlt, mehr als für jeden anderen Verein der Stadt. Die Diskussionen um Geld und Transparenz sind auch in dem internenen Mailverkehr immer wieder Thema. Die Stadt habe immer neue Lücken gestopft und mit Expertise geholfen. Auf Nachfrage unserer Redaktion heißt es, die Zusammenarbeit mit dem BHC habe ursprünglich nichts mit den Vikings zu tun gehabt. Erst später seien alle Beteiligten auf die Idee gekommen, ein großes Handball-Projekt für die gesamte Region anzugehen, anfangs seien die Vikings daran interessiert gewesen, dann aber aus den Plänen ausgestiegen. 

Was sagt Koblenzer dazu?

Dass ihm gar nichts anderes übrig geblieben wäre. In der jüngst vorgestellten Kooperation zwischen Stadt und BHC würden sich die Vikings sowie die „Metropolregion Rheinland“ nicht wiederfinden, schrieb er bereits im alten Jahr in einer Email an Peter Kluth. Beim Pressegespräch diese Woche wiederholte er das: Der neue BHC sei der alte BHC, nur, dass er nun ein paar Topspiele in Düsseldorf bestreite und deswegen Sponsoren von den Vikings auf ihn übergingen. Warum hätten sie zustimmen sollen? 

Was sind die kurzfristigen Folgen?

Den Vikings geht das Geld aus, sie mussten in der Winterpause bereits Leistungsträger ziehen lassen. Sportlich sind sie kaum noch zu retten, der Abstieg in die dritte Liga scheint besiegelt. Zudem stehen weitere Sparmaßnahmen an. 

Was sind die langfristigen Folgen?

Ob die Vikings überleben, ist fraglich, laut Thomas Koblenzer wird intern diskutiert, Insolvenz anzumelden. Er will vorerst kein neues Geld in den Verein stecken. Falls der Klub die Krise übersteht, könnte sich Koblenzer aber vorstellen, in der dritten Liga neu anzufangen, dann aber wieder in Neuss. Der Kooperationsvertrag zwischen ART und NHV läuft noch bis Mitte 2020. 

Gibt es weiter Profihandball in Düsseldorf?

Ja, allerdings investiert die Sportstadt nicht mehr in einen eigenen Klub, sondern in Events. Der Bergische HC wird in den nächsten Jahren vier bis sechs Bundesliga-Topspiele im Dome austragen, dort steigt auch der Super Cup zwischen Meister und Pokalsieger, zudem sind Länderspiele geplant.