Rollhockey Rollhockey-Talent sorgt für Furore
Düsseldorf · Nick Heinrich vom TuS Nord absolviert bei der Europameisterschaft in Spanien seine ersten Länderspiele für die deutsche Nationalmannschaft. Der Bundestrainer glaubt, dass der 17-Jährige eine feste Stütze der Auswahl werden kann.
Fußballer neigen dazu, vom „nächsten Schritt“ zu reden, wenn es um den Wechsel zu einem vermeintlich besseren Klub geht – und zu einem wirtschaftlich potenteren. Rollhockeyspieler sind weit davon entfernt, sich auf diese Art und Weise zu „verbessern“. Denn ihre Sportart befindet sich im Spektrum der medial hoch gehandelten Sportarten und damit als potenzielles Geschäftsfeld am äußersten Rand. Angesichts der Attraktivität des Spiels ist das nur schwer nachvollziehbar.
Das Gute daran: Die Protagonisten sind weit davon entfernt, sich als überirdische Stars zu fühlen. Eine ihrer wesentlichen Charakterzüge ist die Bodenständigkeit. Ein besonders anschauliches Beispiel dieser Spezies ist Nick Heinrichs. Auf dem Spielfeld fallen Talent und Temperament des 20-Jährigen auch Laien direkt ins Auge, neben dem Spielfeld gibt sich der Spieler des TuS Nord weit zurückhaltender. Ob er sich denn vorstellen könnte, einmal in Spanien oder Portugal zu spielen, wo auch für Rollhockeyspieler Milch und Honig fließen. Das Zeug dazu hätte er, attestieren ihm Kenner.
Auf die Frage folgen erst einmal einige Sekunden Stille, als habe er sich darüber noch nie Gedanken gemacht. Warum auch? Der TuS ist seine Familie. Hier gehört er seit 17 Jahren hin, hier ist er eine feste Größe, hier hat er seine Freunde. Die Antwort bewegt sich dann auch zwischen der Pflicht, nicht allzu provinziell rüberzukommen, und dem Bekenntnis zur sportlichen Heimat: „Für ein bis zwei Jahre vielleicht, aber ich wäre nicht traurig, wenn es nicht passiert.“ Das sei aktuell aber auch kein Thema. „Ich komme als Anlagenmechaniker ins dritte Lehrjahr. Ich würde ein Angebot aus beruflichen Gründen ablehnen müssen.“ Ein bis zwei Wochen von Zuhause weg zu sein, das ist allerdings im Bereich des Machbaren. So wie vor einigen Tagen bei der Europameisterschaft im katalanischen Sant Sadurní d’Anoia, dessen berühmtester Sohn unter den 12 000 Einwohnern mit Pedro Gil Gómez bezeichnenderweise ein spanischer Rollhockey-Nationalspieler ist. Nick Heinrichs war der einzige Spieler des TuS Nord, den Nationaltrainer Tobi Wahlen in den deutschen Kader berufen hatte. Das Turnier war eine Erfahrung, die der Unterrather nicht missen möchte: „Es war faszinierend zu sehen, was noch so alles geht. Da ist für mich noch einige Luft nach oben. Das war für mich aber auch ein Ansporn, mein Gesamtpaket an Fähigkeiten weiter auszubauen“, kommentierte der Nationalmannschafts-Debütant das Abenteuer EM, das Mitfavorit Spanien letztlich im Finale gegen den Dauerrivalen Portugal für sich entschied.
Für Deutschland reichte es zu Platz sechs, wobei Nick Heinrichs mal mehr, mal weniger zum Zuge kam. „Anfangs, bei den Gruppenspielen, habe ich oft gespielt. Bei den Platzierungsspielen musste ich als Jüngster und Unerfahrenster im Kader etwas zurückstecken.“ Das konnte Heinrichs verkraften, schließlich ging es vor allem darum, internationales Flair zu schnuppern. Der Nationaltrainer jedenfalls hält große Stücke auf den Düsseldorfer: „Nick ist ein sehr junger Spieler, der beim TuS Nord früh Verantwortung übernehmen musste und daran schnell gewachsen ist.“ Das „große Talent“, so Tobi Wahlen, solle sich Zeit nehmen, sein Spiel zu optimieren und Routinen zu entwickeln. Zuweilen spielten ihm noch übergroße Nervosität und Selbstkritik einen Streich. Lege er das ab, kämen seine Stärken wie Dynamik, Abschluss und Zweikampf noch besser zum Tragen. „Er verfügt über alle Fähigkeiten, eine feste Stütze der Nationalmannschaft zu werden.“ Für den vorläufigen Kader für die Weltmeisterschaft 2024 im italienischen Novara hat der Bundestrainer auch Nick Heinrichs nominiert, darüber hinaus Nicks jüngeren Bruder Joshua sowie mit Ben Barnekow und Torhüter Luca Brandt zwei weitere Nordler. Natürlich reizt die internationale Bühne einen außergewöhnlichen Rollhockeyspieler wie Nick Heinrichs. Am liebsten möchte er aber mit „seinem“ Team Erfolge feiern. „Mein Ziel ist es, irgendwann mit dem TuS Nord Deutscher Meister zu werden. Dafür würde ich alles tun.“