Kraftsport Süchtig nach den großen Gewichten
Je mehr Kilos Reiner Katzula stemmt, umso besser fühlt er sich. Seit 50 Jahren gehört er zu den erfolgreichsten Kraftsportlern.
Düsseldorf. Wenn Reiner Katzula trainiert, haben seine Nachbarn auch etwas davon. Denn seine Übungen sind durchaus ungewöhnlich. Mal trägt er in seinem Hof Koffer mit Gewichten hin und her, mal schleppt der immerhin schon 62-Jährige große Steine, hin und wieder wirft er auch mal mit Reifen.
Katzulas Element sind die ganz großen Gewichte, die er nur dank seiner Muskeln bewegt. Dass mit dem eigenen Körper viel mehr möglich ist als klassisches Gewichtheben, macht den Kraftsport für ihn erst interessant. Für den Turn- und Athletikverein Germania 04 aus Unterrath tritt er in Dreikämpfen an, er reist bisweilen aber auch für Wettbewerbe im Lkw-Ziehen oder im Baumstämme stemmen durch die Lande — zum sogenannten „Strongmen“.
Damit ist Reiner Katzula äußerst erfolgreich. Erst kürzlich kam der 62-Jährige mit einem Europameistertitel aus Tschechien zurück — der dritte in Folge in seiner Altersklasse im Dreikampf (siehe Kasten). Der besteht aus Kniebeugen, Bankdrücken und Kreuzheben. Bei den Kniebeugen wird ihm ein Gewicht auf den Rücken gelegt, mit dem er einmal in die Knie und wieder hochkommen muss. Beim Bankdrücken liegt er auf einer Bank und muss ein Gewicht von der Brust nach oben stemmen. „Das Kreuzheben hat noch am ehesten etwas mit dem Gewichtheben zu tun“, sagt Katzula, „man muss eine Hantel vom Boden ganz nach oben in die Streckung bringen und langsam wieder runter.“
Das Tempo macht für ihn den entscheidenden Unterschied aus. Deshalb kann er auch in einem Alter, in dem sich andere längst vom Sport verabschiedet haben, noch Topleistungen bringen: „Langsamer Kraftsport geht in jedem Alter“, sagt er. Die Schnellkraft, die fürs Stemmen beim klassischen Gewichtheben nötig sei, gehe irgendwann verloren. Dabei war es die Olympische Disziplin, mit der der Kraftsportler ursprünglich begonnen hatte — und ist glücklich, heute noch mit über 60 weitermachen zu können.
Angefangen mit den schweren Gewichten hatte Reiner Katzula mit 13. Bereits in den jungen Jahren wurde er mehrfacher Deutscher Meister. Zuletzt im Februar dieses Jahres in Essen. Denn selbst heute — nach zahlreichen Titeln und Erfolgen — ist der Ehrgeiz zu gewinnen ein ständiger Begleiter geblieben. Das Ziel, eigene Rekorde weiter zu brechen, ebenso. Deswegen spricht er auch heute noch davon, gern noch einmal 500 Kilogramm bei der Kniebeuge zu schaffen. Beim Bankdrücken liegt er bei 192,5 Kilogramm, beim Kreuzheben bei 250. „Doch das hängt auch davon ab, wie fit und verletzungsfrei ich bleibe“, sagt er.
Einmal hatte er sich einen Finger gequetscht. „Damit geht erstmal nichts mehr, ich musste alle Wettbewerbe absagen“, bedauert er. Auch Pausen hält er konsequent ein, um seinem Körper die Gelegenheit zu geben, sich zu erholen. Manchmal geht das aber nicht, da nach der einen gleich die nächste Meisterschaft ruft. Und so ist er jetzt schon wieder aktiv. Nicht nur zu Hause auf dem Hof, sondern auch bei seinem Verein in Unterrath. Dort helfen dann die Kollegen und arbeiten an der Feinabstimmung. Denn es geht beim Kraftsport längst nicht nur ums Gewicht, sondern vor allem um die Technik.