„We Love MMA“ in Düsseldorf Die Käfigkämpfer kommen wieder nach Reisholz

Düsseldorf · Am Samstag macht die Kampfsportserie „We Love MMA“ Station im Castello in Düsseldorf. Der teils brutale Sport wird immer beliebter, steht aber weiter in der Kritik.

Adrian Zeitner gegen Adrian Quietzsch bei „We Love MMA“. Am Samstag sind die Kämpfer in Düsseldorf zu sehen.

Foto: We Love MMA/Nazariy Kryvosheyev

In Düsseldorf haben große Kampfsport-Abende Tradition. Man erinnere sich nur an die WM-Kämpfe von Henry Maske in der Philipshalle, an die von Wladimir Klitschko in der Arena oder an die vielen lokalen Box-Größen, die bis heute in Gerresheim im Ring stehen. Ganz zu schweigen von den Ringern, Taekwondo- und vor allem Judo-Kämpfern, die den heimischen Vereinen diverse Erfolge bei nationalen wie internationalen Titelkämpfen bescherten.

Seit einigen Jahren versucht eine neue Disziplin, ihren Platz in der Welt der Showkämpfe zu finden. Und auch die kommt regelmäßig in Düsseldorf vorbei, am Samstag wieder ins Castello nach Reisholz: „We Love MMA“ heißt die und veranstaltet Kampfsportabende in ganz Deutschland. MMA steht für Mixed Martial Arts, also gemischte Kampfkünste.

Das ist durchaus wörtlich zu verstehen: Boxen, Kickboxen, Ringen, asiatische Disziplinen wie Taekwondo, Karate, Judo, Muay Thai oder Jiu-Jitsu — im achteckigen MMA-Käfig vereint sich alles. Erlaubt ist entsprechend viel: Schlagen, Treten, Aushebeln, Halten, sogar Würgen. Und wenn einer am Boden liegt, hört es nicht etwa auf. Natürlich gibt es auch Regeln: Beißen, Stiche in die Augen oder Schläge auf den Kehl- und Hinterkopf sowie die Genitalien sind nicht gestattet. Und dennoch kann das ganz schön wild und brutal sein. Nicht jeder kann guten Gewissens dabei zusehen, wenn die Kämpfer über dreimal fünf Minuten vermeintlich wahllos aufeinanderdreschen oder sich bis zur Bewusstlosigkeit würgen. MMA gilt nicht umsonst als härteste Sportart der Welt.

Bis vor einigen Jahren waren TV-Übertragungen verboten

Dem Erfolg schadet das nicht. Im Gegenteil: Die Brutalität und der Ruch des Straßenkampfes ziehen weltweit Millionen Fans an. Conor McGregor, der streitbare Superstar der Szene aus Irland, soll im Laufe seiner Karriere mehr als 100 Millionen Euro verdient haben. Vor allem in Nordamerika ist der Sport mittlerweile populärer als Boxen, füllt dort die großen Hallen.

Auch in Deutschland werden die Käfigkämpfer beliebter. Doch noch immer hat die Sportart ein Imageproblem. 2010 ließ die Bayerische Landeszentrale für neue Medien TV-Übertragungen verbieten. MMA verherrliche Gewalt, das Grundgesetz verbiete das. Was wie ein schwerer Schlag schien, dürfte dem Sport im Endeffekt sogar geholfen haben. Der Reiz des Verbotenen lockte weitere Fans an, zumal die die Kämpfe ohnehin im Internet sehen konnten. Mittlerweile ist das Urteil gekippt, die Fights laufen wieder im Fernsehen.

Stumm sind die Kritiker deswegen nicht. Die Gefahr von äußeren wie inneren Verletzungen sei zu groß, gerade wenn auf am Boden liegende und damit vermeintlich wehrlose Gegner eingeprügelt und -getreten wird. Doch Befürworter verweisen immer wieder auf Statistiken, nach denen sich MMA-Kämpfer im Durchschnitt nicht häufiger verletzen als andere Sportler.

Nicht zu leugnen ist allerdings die archaische Inszenierung von Männlichkeit, die gerade in den Anfangsjahren zahlreiche Fans aus dem Türsteher-, Rotlicht- oder Rockermilieu anlockte. Auch bei Neonazis sind die harten Kämpfe bis heute beliebt. Als Zuschauer wie als Aktive. Es dauerte, ehe sich Veranstalter klar abgrenzten und rechtsradikalen Kämpfern keine Bühne mehr boten.

Für ein Umdenken hat vor allem die Initiative „Runter von der Matte“ gesorgt. Die dokumentiert auf ihrer Internetseite Zuschauer und Kämpfer aus der rechtsextremen Szene, macht Veranstalter auf die Hintergründe aufmerksam, damit sie sie künftig nicht mehr einladen. Verschwunden sind sie aber nicht, sie haben sich in den vergangenen Jahren ihre eigenen Veranstaltungen geschaffen. Die seien für die Neonaziszene „ein wichtiger Kontakthof, die Anwesenden verstehen sich als Elite“, sagte Robert Claus 2017 dem „Spiegel“.

„We Love MMA“ grenzt sich von Neonazis ab

Claus forscht seit Jahren in der Szene — und lobt seriöse Eventreihen wie die nun nach Düsseldorf kommende „We Love MMA“. Die würden „politisch eine andere Linie fahren und rechtsextreme und diskriminierende Inhalte auf Kleidung und in der Einlaufmusik ächten“. Frank Burczynski, der bei „We Love MMA“ die Kämpfer auswählt, sagte gegenüber der „taz“ eindeutig: „Leute mit Hakenkreuz-Tätowierungen kommen bei mir nicht in den Ring.“

Nicht die einzige Entwicklung bei Deutschlands bekanntestem MMA-Event: Bei anderen Veranstaltungen sind Frauen — wie oft im Kampfsport — nur „schmückendes Beiwerk“, hier die harten Kerle, dort die zarten Frauen in knapper Kleidung, die nur in den Pausen in den Ring dürfen. Bei „We Love MMA“ kämpfen die Frauen mit, sie sind sogar eine der Hauptattraktionen. Am Samstag in Düsseldorf versucht Larissa Niggemann aus Bottrop, ihren ersten Profikampf zu gewinnen. Als Amateurin ist sie unbesiegt, nun gibt sie gegen die Belgierin Kelig Pinson ihr Profidebüt.

Als weiterer Höhepunkt gilt der Kampf zwischen Lom-Ali Nalgiev und Sebastian Baron, beide seit Jahren Profis, mehr als 20 Mal standen sie schon im Ring. Der Wuppertaler Baron ist laut Veranstalter ein „echtes Urgestein der deutschen MMA-Szene“, war früher Kung-Fu-Kämpfer, wurde darin Weltmeister und trat auch im Fernsehen auf.

Es sind diese Geschichten, die „We Love MMA“ erzählen will, weg vom Schmuddelimage, hin zu einem zwar harten und bisweilen brutalen, aber respektierten wie seriösen Kampfsport. Der Samstagabend in Düsseldorf soll der nächste Schritt auf dem Weg dahin sein.