Marzipan-Schweinchen geklaut: Fünf Monate Haft
Keine Gnade für alleinerziehende Mutter wegen ihrer Vorstrafen. Ihr 15-jähriger Sohn muss vermutlich in ein Heim.
Düsseldorf. Normalerweise sollen Marzipan-Schweinchen Glück bringen. Für Renate S. (Name geändert) könnten sie den endgültigen Absturz bedeuten. Um ihrem Sohn eine Freude zu machen, hatte die 49-Jährige bei einer Confiserie an der Königsallee zehn Marzipan-Schweinchen eingesteckt und nicht bezahlt.
Dafür bekam sie am Montag eine Haftstrafe von fünf Monaten. Da auch noch zwei Bewährungsfristen nicht abgelaufen sind, muss die alleinerziehende Mutter vermutlich sogar 14 Monate ins Gefängnis.
Es war der 30. Dezember 2009. Für ein Schulfrühstück sollte der 15-jährige Sohn von Renate S. zehn Marzipan-Schweine mitbringen. Der Junge leidet schon lange unter der schwierigen finanziellen Situation, denn Renate S. lebt von Hartz IV. In der Schule wurde er darum immer wieder gehänselt.
„Es sollte diesmal etwas ganz Besonderes sein“, schilderte die 49-Jährige, warum sie das noble Geschäft ausgesucht hatte. Zehn Marzipan-Schweinchen, das Stück für drei Euro, packte sie in eine Tüte und stellte sich zunächst in der Schlange vor der Kasse an.
Doch obwohl sie genug Geld in der Tasche hatte, überlegte Renate S. es sich anders und lief plötzlich aus dem Geschäft: „Warum ich das getan habe, weiß ich auch nicht.“ Die Flucht war schnell beendet.
Insgesamt neun Vorstrafen hat die Frau seit 1987 angesammelt. Mehrfach hatte sie Lebensmittel gestohlen, weil das Geld nicht reichte. denn Renate S. bekommt nicht den vollen Hartz IV-Satz. Weil sie eine zu große Wohnung hat, wird ihr ein Teil des Geldes abgezogen: „Ich wäre längst in eine andere Wohnung umgezogen. Aber ich finde keine.“
Auch ihre Bewährungshelferin konnte Renate S. dabei nicht unterstützen. Sie gab zu, dass sie die Bescheinigungen der Arge selbst nicht versteht und kritisierte, dass man der alleinerziehende Mutter auch keine echte Hilfe zur Seite stellte: „Es gab eine Betreuerin, deren einzige Leistung darin bestand, dass sie von dort einmal in der Woche nach einer neuen Wohnung telefonieren konnte.“
Renate S. versuchte, sich und ihren Sohn über Wasser zu halten, in dem sie auf dem Wochenmarkt aushalf und dafür Lebensmittel erhielt. Wegen ihrer Vorstrafen bekam die gelernte Altenpflegerin trotz etlicher Bewerbungen keine Arbeitsstelle.
Obwohl ihr Sohn vermutlich in einem Jugendheim untergebracht werden muss, hielten die Berufungsrichter eine Haftstrafe für angemessen: Es sei auch ein schlechtes Vorbild für den Sohn, wenn er den Eindruck haben könne, dass Diebstahl nichts Schlimmes sei.