Strategie gegen die Krise Messe setzt auf mehr Effizienz
Düsseldorf · Das Unternehmen verzeichnete 2021 erneut ein Minus. Der Krise stellt es sich mit einem Sparkurs beim Personal und einem neuen Konzept. Ziele sind neue Messethemen, effizientere Struktur sowie eine bessere Unternehmenskultur.
Die Messe hat am Donnerstag einen vorläufigen Jahresabschluss und Strategien vorgestellt, mit denen sie sich der Krise stellen will. Das Jahr hatte mit einem Fehlstart begonnen, mit Absagen und Verschiebungen. Als „beschissen“ beschreibt ein Mitglied des Aufsichtsrates deshalb unverblümt die Lage.
Positiver klingt das natürlich in den Ausführungen der Geschäftsführung. Fakt ist jedoch auch darin: Im zweiten Jahr in Folge kommt die Messe nicht aus den Miesen heraus. Immerhin konnten sie geschmälert werden. Das Minus liegt bei der GmbH vorläufig bei 25 Millionen Euro für 2021, nach einem Verlust von 43,5 Millionen Euro im Jahr davor. Die Umsätze schrumpften noch weiter, auf rund 102 Millionen Euro (2020: 136,8 Millionen Euro) bei der Unternehmensgruppe und rund 93 Millionen Euro (2020: 126 Millionen Euro) bei der GmbH.
Was sowohl von der Geschäftsführung als auch in Aufsichtsratskreisen positiv bewertet wird: eine Eigenkapitalquote von noch 50 Prozent bei der GmbH und Eigenkapital von noch 361 Millionen Euro. Freilich lag die Summe Ende 2019 noch bei 448 Millionen Euro.
Die Messe versucht die Einbußen gering zu halten. Der Sparkurs setzt auch bei den Personalkosten an, mit – auch aktueller – Kurzarbeit, einem Minimum an Neueinstellungen, dem Auslaufen befristeter Verträge sowie dem Angebot von Altersteilzeitmodellen. Die Zahl der Mitarbeiter sank in einem Jahr durchschnittlich von 709 auf 655.
Zu schaffen macht der Messe laut Insidern auch, dass gute Fachleute das Unternehmen verließen, weil sie zum Teil abgeworben wurden und lieber auf eine andere Branche setzen. Die Krisenerfahrung ist neu für die lange Zeit erfolgsverwöhnte Messebelegschaft. Nicht einverstanden sind ihre Vertreter vor allem mit dem angestrebten Outsourcing des technischen Personals, wofür der Aufsichtsrat knapp votierte. Mit der Wisag als Mehrheitseigner soll ein Tochterunternehmen für rund 60 betroffene Mitarbeiter gegründet werden, worüber die Genehmigungsbehörden entscheiden. Die Stimmung ist offenbar bei vielen Mitarbeitern im Keller. Zermürbt seien sie von Kurzarbeit, von den Folgen der Pandemie für das Unternehmen und den Einsparungen beim Personal, heißt es aus dem Aufsichtsrat. Auch an einen anderen Führungsstil des Messechefs Wolfram Diener im Vergleich zum Vorgänger Werner Dornscheidt müssten sich einige wohl gewöhnen.
Das Thema „Unternehmenskultur“ jedenfalls ist plötzlich eines geworden, in dem es Verbesserung braucht. So nennt die Messe es als eines von sieben definierten Handlungsfeldern, die bis 2025 von interdisziplinären Expertenteams entwickelt werden sollen. Darüber hinaus soll es um „Struktur- und Prozessoptimierung“ gehen, wozu genannte Ausgliederung zählen dürfte. Hinzu kommen „Neuentwicklung von Messethemen und Services“, „Stärkung des Vertriebs“, „digitale Transformation“ und das „Messegelände der Zukunft“, das Investitionen braucht, die zurzeit auf Eis liegen. An eine Reduzierung des Geländes glaubt ein Insider übrigens nicht. Es werde jeder Zentimeter gebraucht.
Ein weiteres Zukunftsthema, das der international erfahrene Messefachmann Diener stark voranbringt, ist die „globale Geschäftsentwicklung“ – etwa mit einer ProWine in São Paulo und Mumbai sowie einem Vertrag über eine Beteiligung an der FoodAfrica in Ägypten. Diese internationalere Ausrichtung hätte man aus Sicht eines Aufsichtsrats in den vergangenen zehn Jahren schon stärker voranbringen können. Diener sagt: „Um in der internationalen Messewelt weiter vorne mitspielen zu können, müssen wir uns weiterentwickeln. Das liegt nicht allein an Corona – aber auch bei uns wirkt die Pandemie als Beschleuniger.“
Fünf Messen wurden
auf Mai und Juni verschoben
Auch kurzfristig ist die Hoffnung groß, dass das Jahr 2022 wieder ein deutlich besseres wird. Nach Absage der Boot wurden fünf Messen auf Mai und Juni verschoben. Insgesamt sollen es 14 Messen sowie neun Partner- und Gastveranstaltungen werden, der Umsatz der GmbH auf 271 Millionen Euro steigen. Zum erwarteten Ergebnis sagt die Messe konkret noch nichts. „Wir ziehen die Zuversicht aus der Auftragslage sowie der hohen Nachfrage seitens der Kunden“, sagt Bernhard Stempfle, Geschäftsführer Finanzen und Infrastruktur. Oberbürgermeister Stephan Keller, Vorsitzender des Aufsichtsrats, sagt: „Wir blicken zuversichtlich auf ein veranstaltungsreiches Messejahr. Ab Frühsommer erwarten Gesundheitsexperten ein niedrigeres Infektionsgeschehen und damit mehr Personen, die nach Deutschland einreisen und an den Messen teilnehmen können.“