Düsseldorf Meta-Marathon: “Verrückte“ Veranstaltungen um künstliche Intelligenz zu erforschen

Seit Freitag findet im NRW-Forum in Düsseldorf der Meta-Marathon statt. Künstler und Wissenschaftler erforschen mit außergewöhnlichen Methoden die Künstliche Intelligenz.

Foto: Ross Gamble

Düsseldorf. Sprechende Pflegeroboter, selbstfahrende Autos, politische Wahlkämpfe, die mit Hilfe von Facebook-Daten beeinflusst werden: Die Künstliche Intelligenz (KI) ist eines der Kernthemen unserer Zeit. Doch während 40 Prozent aller KI-Aktivitäten in den USA stattfinden, sind es in Deutschland nur drei Prozent. Und zur Erforschung der KI ist im Bundeshaushalt kein Euro vorhergesehen. Der Zukunftsforscher und Unternehmer Christopher Peterka will das ändern und initiiert im NRW-Forum ein neues Technologie-Festival. „Meta Marathon“ nennt es sich. 42 Stunden lang werden Künstler, Kuratoren, Wissenschaftler und Unternehmer zu Talks, Workshops, Performances, Filmvorführungen, Konzerten und der Kunst-Ausstellung „Pendoran Vinci“ zusammenkommen, um das Thema der Künstlichen Intelligenz aus neuen Blickwinkeln zu betrachten.

Denn das Problem vieler herkömmlicher Digitalkonferenzen bestünde darin, dass sie eher als Event-Zirkus veranstaltet werden: „Ich erlebe viele Digitalkonferenzen als Show, als Entertainment und als Aneinanderreihung von Rezepten für tatsächliche oder vermeintliche Probleme der digitalen Transformation“, moniert Peterka. Etwa, wie man Twitter benutzt oder sich vor Datenmissbrauch schützt. Die Hauptziele solcher Technologie-Konferenzen lägen eher darin, immer teurere Redner einzukaufen und immer größeres Publikum zusammenzubringen. So die Web Summit in Lissabon, die mit über 70.000 Teilnehmern als größte Technik-Konferenz der Welt gilt.

Beim Meta Marathon wollen die 200 Teilnehmer konstruktivere Ideen im Umgang mit der digitalen Netzkultur erarbeiten. Peterka hat sich von den legendären Macy-Konferenzen inspirieren lassen, die zwischen 1946 und 1953 in den USA veranstaltet wurden.

Initiiert wurde ein Labor, in dem Wissenschaftler verschiedenster Disziplinen die Grundlagen der Kybernetik und der Kognitionswissenschaft erarbeitet haben. An dieses Konzept möchte Peterka anknüpfen. Erprobt werden sogenannte „radikal-explorative Methoden“. Das klingt wissenschaftlich seriös und zugleich rebellisch. Aber was meint das? „Wir werden Staubsaugerroboter erleben, die gehackt wurden und ein Bild malen, der Düsseldorfer DJ Brixton wird 24 Stunden am Stück auflegen“, erklärt Peterka. Das Programm ist voll mit solchen “verrückten“ Veranstaltungen. So fordert der Künstler Bernhard in einem Talk, dass die nächste documenta von einer Maschine kuratiert werden sollte und der Datenwissenschaftler und Comedian Piotr Mirowski wird mit einem Roboter eine Comedy-Impro-Theater-Show aufführen.

Zweifellos spannende Ideen und Projekte, aber kann Deutschland damit den weiten Rückstand auf die KI-Spezialisten der USA langfristig aufholen? Nach Peterka müsse erstmal ein regelmäßiges Format wie der Meta Marathon etabliert werden. Pionierarbeit ist gefragt. In Alain Bieber, dem Chef des NRW-Forums, fand er einen kooperationswilligen Mitstreiter. Er hat das Haus im Ehrenhof in einen Ort verwandelt, an dem Fragen zum Zusammenspiel von Kunst und digitaler Technologie verhandelt werden. Als nächstes müsse das Denken „gehackt“ werden, so Peterka. Meint: „Andersrum denken, sich in virtuelle Welten stürzen, gemeinsam die Architekturen des Raumes zu verändern, indem man Datenspuren sichtbar macht.“ Das klingt für Sie nach einem Buch mit sieben Siegeln? Falls ja, wäre das verständlich. Was genau beim Meta Marathon herauskommen soll, ist nicht klar. Aber es handelt sich nun mal um ein neuartiges Experiment und dazu gehört ein ergebnisoffener Ausgang. Und so kann Peterka das Ziel auch nur im Konjunktiv formulieren: „Es könnte sein, dass wir eine Beschreibung dieser Lage schaffen, in der wir uns befinden, die aus einer Meta—Betrachtung eine andere Form bekommt, als wenn ich mir immer nur technische Fortschritte in einzelnen Industrien anschaue. Da kann ich natürlich zählen, wie viele Schulen im Besitz von Tablet-Computern sind.“

Es gehe aber vielmehr darum, die Akteure in der digitalisierten Welt in den Blick zu nehmen. Etwa die Besitzer der Infrastrukturen des Internets (Untersee-Kabel). Diese seien entscheidend, weil sie die Regeln der Infrastruktur festlegen. In der Tat gilt es, über solche Dinge informiert zu sein. Das sind wir oft leider nicht, weil uns die größeren Zusammenhänge oft als zu komplex erscheinen. Aber wir müssen uns damit auseinandersetzen, denn Algorithmen bestimmen nicht nur die Wirtschaft und die internationale Politik, sondern auch unser Denken. Der Meta Marathon liefert eine wichtige Plattform, dem Phänomen der KI offener zu begegnen.