Chef der DCSE-Hallen im Interview Michael Brill: „Wir freuen uns über jeden Gast, der in unseren Hallen auftreten möchte“
Michael Brill, Chef der DCSE-Hallen, spricht im WZ-Interview über Stadion-Bands, Darts, Fortuna, „Frei. Wild“ und TV-Formate.
Herr Brill, hat Sie die aktuelle Debatte um das Konzert von „Frei.Wild“ im Dome überrascht?
Michael Brill: Nein, überhaupt nicht. Ich befürworte diese offene Diskussion. Es ist doch gut, dass sie hier stattfindet. Das ist immer besser als Zensur, als so ein Konzert zu verbieten.
Verbieten will es doch keiner, aber die Frage stellt sich: Muss es hier stattfinden, muss man so eine Band einladen?
Brill: Erstens laden wir niemanden explizit ein, das ist nicht unser Job. Wir bekommen Anfragen von Veranstaltern und im Prinzip halten wir es da wie ein Hotelbesitzer: Wir freuen uns über jeden Gast, der in unseren Hallen auftreten möchte. Der Veranstalter in diesem Fall ist zudem ein guter Kunde, der viele Sachen hier macht. Dem kann ich schlecht sagen, ach ne, die Gruppe ist uns nicht genehm — dann geht der vielleicht ganz schnell auch mit anderen Veranstaltungen woanders hin, weil er das nicht für eine loyale Partnerschaft hält. Vor allem aber haben wir weder eine echte Veranlassung noch eine Handhabe, Frei.Wild hier nicht hinzulassen. Wir sind auch gar nicht in der Position, alle in unseren Spielstätten stattfindenden Konzerte und Shows inhaltlich zu bewerten. Wir haben vielmehr heute beschlossen, lieber mit der Band im Vorfeld des Konzertes im Februar selbst zu sprechen. Bei einer Pressekonferenz kann man sie detailliert zu allem befragen.
Zu unserem Hauptthema: Wie wollen Sie die Hallen im Gemischtwarenladen DCSE erfolgreicher machen?
Brill: Ich denke, dass schon in meinen ersten Monaten hier substanzielle Veränderungen eingeleitet worden sind. Wir trennen zunächst die Bereiche Kongress und Live-Entertainment/ Sport Veranstaltungsstätten viel stärker voneinander, um treffsicherer zu agieren. Mercedes kann auch nicht im gleichen Gespräch Pkws und Lastwagen verkaufen.
Das klingt noch nicht spektakulär.
Brill: Das war ja auch erst der Anfang. Im nächsten Schritt verändern wir die zweite Ebene, indem wir nicht mehr jede Veranstaltungshalle von der Arena bis zum Castello individuell managen, sondern Veranstaltern aus einer Hand das ganze Hallen-Portfolio anbieten — das übrigens großartig ist. Ein Team macht Booking, eins Vermarktung, eins Facility Management und so weiter. Da können Veranstalter auch mal wechseln, von kleinerer zu größerer Halle und umgekehrt. Ein Beispiel: Die Ehrlich Brothers waren gerade im Dome, dann haben wir Ihnen zum Tour-Abschluss die Arena angeboten. Im Juni 2019 treten sie dort auf.
Die Auslastung im Flaggschiff Arena, aber auch im Dome ist leider nicht so großartig, oder?
Brill: Nein, wir sind nicht zufrieden mit der Auslastung, keine Frage. Da gibt es viel Potenzial für mehr. Aber natürlich schränkt uns der Fußball in der Arena ein. Tatsächlich bleiben von den 340 auf den ersten Blick belegungsfreien Tagen nicht mehr viele übrig, wenn man bedenkt, dass Vor- und Nachbereitung eines großen Konzertes bis zu zwei Wochen und mehr verschlingen. Hinzu kommt eine große Planungsunsicherheit: Ich bekomme den neuen Fußball-Spielplan der DFL erst im Sommer des gleichen Jahres, erst dann weiß ich, an welchen Wochenenden Fortuna Heimspiel hat.
Wie wollen Sie trotzdem mehr Leben in die Arena kriegen?
Brill: Dieses Jahr gehen wir die große Winterlücke im Bundesligaspielplan an. Wir bieten Veranstaltern das Stadion für den „Arena-Winter“ mit den Trümpfen an, die so keine andere Halle hat: mit geschlossenem Dach, abgedecktem Rasen, beheizt und abgedunkelt.
Aber auch im Sommer müssten doch mehr Großkonzerte drin sein, zumal die ja Konjunktur haben.
Brill: Unser Ziel ist es, ein halbes Dutzend Nicht-Fußball-Events im Jahr in der Arena zu haben. Ja, das Live-Geschäft boomt — nicht zuletzt, weil es für die Künstler wegen des eingebrochenen Tonträgergeschäftes zur wichtigsten Einnahmequelle geworden ist. Ob das ewig so bleibt, ist abzuwarten. Die ganz großen Namen von Stadionbands wie die Rolling Stones, U2 oder Depeche Mode sterben allmählich aus. Und aktuell kommen nicht viele neue nach. Neue Namen kommen zwar sehr schnell hoch, verschwinden aber auch manchmal flott wieder. Daher ist es auch wichtig, offen für neue Formate zu sein. Eine quasi lebenslange Treue zu einer Band, das wird es wohl nicht mehr lange geben.
Wie wichtig ist Ihnen ein neuer Namenssponsor, muss diese Vermarktung sein? In Hamburg heißt die Arena schließlich auch wieder „Volksparkstadion“.
Brill: Das ist schon sehr wichtig. Wir stehen hier wirtschaftlich stark unter Druck und haben die Verpflichtung, effizient zu sein und mit den öffentlichen Geldern sehr sorgsam zu wirtschaften. Die Suche nach einem Nachfolger für Esprit wird nicht ganz einfach, aber es sind ja auch noch anderthalb Jahre Zeit. Ein Schnellschuss verbietet sich, hier geht es nicht um eine kurze Liebesaffäre, sondern um eine gute Ehe.
Wie steht es um den Dome, stört da die DEG als Ankermieter?
Brill: Mal abgesehen von der aktuellen Unklarheit in Sachen Play offs, wo man theoretisch plötzlich drei Heimtermine in einer Woche unterbringen muss, ist der Spagat zwischen Sport und Veranstaltungen leichter, schon weil das Eis leichter abzudecken und damit zum Konzert- und Showboden umzufunktionieren ist als Rasen. Die Buchungslage bessert sich, doch auch der Dome hat noch großes Potenzial, wenn wir ihn mit den Hallen in Oberhausen oder Köln vergleichen.
Ein Sorgenkind ist schon länger das Castello in Reisholz, was wollen Sie da tun?
Brill: Der Fokus dort liegt klar auf Sport- und TV-Veranstaltungen mit bis zu 3000 Zuschauern, das geht gut auf. Das Castello bietet zudem eine Chance für Experimente. Darts war dort zuletzt ein großer Erfolg — vielleicht steigt dieses Format ja demnächst in den Dome auf.