Neue Drogenszene in der Altstadt
Auf der Mühlenstraße treiben sich nachts Dealer herum, eine Anwohnerin klagt über Schlägereien.
Düsseldorf. Die Altstadt war noch nie der beschaulichste Ort zum Wohnen, aber in den letzten Jahren ist die Situation merklich schwieriger geworden, findet zumindest Melanie Reitz (Name von der Redaktion geändert).
Es ist nicht nur der Lärm, dem sie in der Mühlenstraße manchmal bis in die Morgenstunden ausgesetzt ist, sondern auch die Szene, die sich zu gewissen Zeiten in der Straße etabliert hat: offensichtlich Drogenhandel. Dealer blockieren nicht nur die Hauseingänge, es gibt auch immer wieder lautstarke Auseinandersetzungen.
Weil sie im Schichtdienst arbeitet, kommt Melanie Reitz auch an Wochenenden manchmal erst in den frühen Morgenstunden nach Hause: „Wenn ich dann ins Haus will, stehen da Leute in den Türen und machen keinen Platz.“ Sie bitte dann jemanden aus der nahe gelegenen Kneipe „Zwiebel“, sie zu begleiten.
In ihrer Wohnung wird die Frau manchmal aus dem Schlaf gerissen, wenn auf der Straße Schlägereien im Gange sind. Sie vermutet, dass sich die Kleindealer-Szene in zwei Gruppen teilt, die ihre Rivalitäten teils mit handfesten Argumenten austragen.
Die Polizei bestätigt die Beobachtungen von Melanie Reitz zum Teil, hält sich aber mit detaillierten Aussagen zurück. An den vergangenen Wochenenden hat es jedenfalls in den besagten frühen Morgenstunden mehrere Einsätze gegeben. „Wir haben dort Kontrollen gemacht und Personalien aufgenommen“, sagt Polizeisprecher Markus Niesczery. Dass es dort gewaltsame Auseinandersetzungen gegeben habe, bestätigt er dagegen nicht. Wohl aber den Handel mit weichen Drogen.
Dass auch Partydrogen wie Ecstasy und härtere Substanzen in der Mühlenstraße den Besitzer wechseln, liegt für Beobachter nahe. Doch die Polizei hält sich mit Äußerungen zurück.
Der Grund könnte in ihrer Strategie liegen: Diese sieht zum einen vor, immer wieder mit Kontrollen der Szene zu signalisieren, dass man eine Auge auf sie hat. Parallel werden verdeckte Ermittler eingesetzt, um tiefere Einblicke zu gewinnen, wie und was dort gehandelt wird. Und langfristig über die kleinen Dealer auf der Straße möglichst Erkenntnisse über die Hintermänner zu gewinnen.
Es ist demzufolge nicht anzunehmen, dass es mit dem Drogenhandel auf der Mühlenstraße bald vorbei ist. Eine restriktive Polizeiarbeit würde aller Erfahrung nach nur dazu führen, dass der Handel verdrängt wird und kurz darauf an anderer Stelle wieder auftaucht.
Mit größerem Druck arbeitet die Polizei dagegen, wenn Brennpunkte zu entstehen drohen, an denen sich dann auch so genannte Begleitkriminalität wie Diebstahl oder Raub breitmachen. Früher war das am Hauptbahnhof der Fall, daraufhin wurden die Behörden aktiv. Ganz verschwunden ist der Drogenhandel vor und hinter dem Hauptbahnhof zwar nicht — genauso wenig wie in fast jeder anderen deutschen Großstadt.
Aber die Verhältnisse sind heute doch überschaubarer als früher. Als weitere Orte für Drogenhandel gelten der Bereich Steinstraße/Oststraße und der Lessingplatz in Oberbilk. In der Altstadt galt der Bereich um den Alten Hafen längere Zeit als Treffpunkt der Drogenszene. Dort hatten die Behörden nach Anwohnerbeschwerden den Druck erhöht. Möglicherweise ist die Szene deshalb in die Mühlenstraße abgewandert.
Laut Polizeistatistik konsumieren in Düsseldorf rund 4000 Menschen harte Drogen. Überträgt man zudem Bundesstatistiken auf die Stadt, kommen noch einmal deutlich über 10 000 Düsseldorfer dazu, die regelmäßig Cannabis konsumieren.