Düsseldorf Neue Wehrhahnlinie: Wie gebeamt - In sieben Minuten in die City

Die Redaktion im Selbstversuch: Wir haben getestet, ob sich mit dem Start der Wehrhahn-Linie der Weg zur Arbeit verkürzt oder verlängert hat.

Foto: Judith Michaelis

Flingern-Nord (Sema Kouschkerian): Der schöne Stadtteil liegt so Innenstadt-nah, dass man auch ohne neue U-Bahn stets ruckzuck bis zur Heinrich-Heine-Allee gelangen konnte. Aber jetzt — ich sag’ nur Star Trek. In gut sieben Minuten geht es von der Engerstraße in die Stadt. Wie gebeamt. Es lohnt sich nicht einmal, ein Buch aufzuschlagen. Schneller geht es nicht einmal, wenn ich meine kürzeste Fahrradstrecke entlangjage. Und: An der Engerstraße steht ab sofort eine Linie mehr zur Verfügung: U72, U73 und neuerdings auch die U83, mit der es direkt zur Uni geht. Früher war zeitraubendes Umsteigen angesagt, bis man mal vor der Uni-Bibliothek stand. Vorbei. Jetzt geht es in 20 Minuten einmal von Ost nach Süd und durch alle sechs neuen U-Bahnhöfe bis zur Haltestelle Universität Ost.

Foto: Judith Michaelis

Carlstadt (René Schleucher): Wenn man in der Carlstadt lebt und an der Kö arbeitet, lohnt es sich eigentlich gar nicht, mit Bus oder Bahn zu fahren. Zu Fuß dauert der ganze Weg ja nur maximal zehn Minuten. Aber wie es der Teufel so will: Es gibt Tage, da bin ich viel zu spät auf dem Weg zur oder von der Arbeit. Wenn ich früher dann an einer Haltestelle vorbeikam, wo gerade eine Straßenbahn abfahrbereit stand, dann konnte es passieren, dass ich hineingesprungen bin, um doch noch ein oder zwei Minuten zu gewinnen.

Aber das ist vorbei: Denn bis ich an der Benrather Straße mit dem Aufzug hinab gefahren und an der Heine-Allee aus dem dritten Untergeschoss wieder aufgetaucht bin, ist jeder mögliche Fahrzeitgewinn dahin.

Einem Freund, der im Kö-Bogen arbeitet, geht es übrigens ähnlich: In der Mittagspause schnell mal vom (kulinarisch unterversorgten) Jan-Wellem-Platz zur Jacobistraße? Das war mit der Tram praktisch, mit der U-Bahn nicht. Fazit: Wer von Flingern zur Uni will, hat vielleicht einen Vorteil. Aber bei kurzen Strecken bringt die Wehrhahn-Linie keinen Gewinn.

Friedrichstadt (Peter Littek): Normalerweise führt mein Weg zum Fahrrad, das am Bügel vor dem Haus angekettet ist, und dann über Hütten- und Graf-Adolf-Straße zur Königsallee. Das geht am schnellsten. Doch manchmal muss es halt die Straßenbahn sein, zum Beispiel bei Regen oder aus Bequemlichkeit. Bisher hab’ ich dann die Linie 715 genommen; von der Haltestelle Hüttenstraße ging es in ein paar Minuten zur Haltestelle Heinrich-Heine-Allee, und schon war ich (fast) da. Die 715 gibt es aber nicht mehr, sie heißt jetzt 705 und fährt auch nicht mehr in die Altstadt. Stattdessen führt die Route über die Berliner Allee bis zur Steinstraße, von da zu Fuß bis zur Kö. Das heißt, die Straßenbahn ist jetzt noch weniger Alternative als vorher.

Unterbilk (Alexander Esch): Trete ich aus der Haustür, ist die nächste Haltestelle die Bilker Kirche. Von da aus fuhr ich bislang bis zum Graf-Adolf-Platz, um da in Richtung Benrather Straße umzusteigen — je nach Anschluss war es manchmal auch schneller, zu Fuß zu gehen. Das geht auch heute noch, mit dem neuen Linienweg der 706 ist der Weg zur Kö jedoch bequemer geworden. Denn sie fährt bis zur Haltestelle Königsallee/Steinstraße weiter.

Alternative: Ich laufe zum Kirchplatz und steige dort in die Wehrhahn-Linie. Das heißt: mehr Fußweg, aber eine schnellere und kürzere Bahnfahrt. Kommt am Ende aber aufs Gleiche raus. Je nach Gehgeschwindigkeit liege ich zwischen 15 bis 20 Minuten. Da ist das Fazit klar: Ich fahre so oft es geht Fahrrad — und zwar den ganzen Weg in nur knapp zehn Minuten.

Grafenberg (Ellen Schröder): „Weeßte wat, mer fahre mit dr Stroßebahn noh Hus. . .“ — ein kölsches Lied, das auch in Düsseldorf funktioniert. Ich hatte sie liebgewonnen, die Straßenbahnlinie 712, die mich von der Simrockstraße bis zum Jan-Wellem-Platz beförderte. Von dort ging es die letzten Meter zu Fuß zur Redaktion an die Kö — und abends wieder zurück. Doch die Linie 712 ist ausrangiert, im Netz mit Häzz fährt jetzt die neue U 72. Dabei gibt es gar keinen Grund, den alten Zeiten hinterherzutrauern. Denn mit der U72 gibt’s kein nerviges Stopp-and-Go am Wehrhahn mehr. Auch das ellenlange Warten an der roten Ampel / Ecke Wielandstraße ist vorbei. Zügig — gefühlte fünf Minuten schneller — fährt die U72 stattdessen in den Tunnel. Nur drei Stationen später bin ich an der Schadowstraße. So schnell, da lohnt es sich, eine Station weiterzufahren. Denn den Restweg habe ich früher lieber zu Fuß gemacht.