Düsseldorf Nordpark: Wenn Gartenkunst Geschichten erzählt

Der Nordpark feiert Geburtstag. Gestaltet wurde er zur NS-Zeit, aber nicht alle Kunst fand damals Gefallen.

Foto: Judith Michaelis

Düsseldorf. Der Nordpark feiert dieses Jahr seinen 80. Geburtstag. Die große Anlage wurde 1937 als Teil der Ausstellung „Schaffendes Volk“ gestaltet, die vor allem auf eine pompöse Schau setzte. 6,8 Millionen Besucher kamen, drängten sich auf den breiten Wegen und an rechtwinklig angeordneten Beeten entlang.

Noch heute ist viel von der ursprünglichen Gartenkunst erhalten. Doch nicht alles ist typisch Stil der 30er Jahre. In den Details stecken viele Geschichten, die Aufschluss über die Politik der jeweiligen Zeit geben. „Es konnte viel der sehr jungen Anlage erhalten werden, das ist einmalig“, sagt Tobias Lauterbach, Leiter des Gartenamts. Zahlreiche Hintergründe kennt Claus Lange, der als Historiker immer wieder Führungen anbietet. „Der Park ist aufgeladen mit Ideologie“, sagt der ehemalige Gartendenkmal-Pfleger. Er kann die Besucher seiner Führungen an jeder Ecke mit Erlebnissen überraschen, die er bei der Pflege und Gestaltung der Anlage und seinen Recherchen parat hielt.

So seien die Rossebändiger am Eingang beispielsweise nicht aus der Nazi-Ideologie heraus entstanden. „Im Gegenteil. Die dargestellten Figuren sind ihren Pferden zugewandt, bilden eher eine Symbiose mit den Tieren, statt Stärke zu präsentieren und nach vorne zu blicken. Das wollte man so gar nicht haben.“ Das Werk von Edwin Scharff galt sogar als „entartete Kunst“.

Ähnlich unzufrieden war man damals mit den Skulpturen entlang der Wasserspiele, die dann während der großen Ausstellung vor laufendem Publikum entfernt wurden — ein Skandal, wie Lange sagt: „Teils hatte man an der Stellung der Beine Anstoß genommen.“ Er selbst hatte Schwierigkeiten, einige davon Jahrzehnte später wiederzufinden und für den Park zu retten.

Auch hinter dem Aquazoo stecken Geschichten. Er steht auf einem historisch bedeutsamen Gelände, auf dem bis in die 30er Jahre die Kunstakademie war, die in den 30ern für das Haus der deutschen Arbeiterfront weichen musste — über die Wegeachsen damals groß in Szene gesetzt mit Beflaggung und Nazi-Symbolen.

Die für ein Millionen-Publikum konstruierte Anlage kam den Wünschen der Nationalsozialisten entgegen, der nüchterne Stil mit rechten Winkeln allerdings sei Anfang des 20. Jahrhunderts allgemein in Mode gewesen, wie Lange beschreibt. „Der breite, rechte Weg hatte aber als Begriff ideologische Bedeutung.“ Bei den Blumenbeeten entlang der technisch aufwendigen Wasserspiele wurde dies unter anderem in Szene gesetzt. Große, gerade Flächen mit genau abgegrenzt abwechselnden Farben zogen sich an den Bassins entlang — heute setzt man eher auf eine verspieltere Bepflanzung, mit Kurven und mehr Abwechslung, wie sie in den 50er, 60er Jahren in Mode kam.

Um nicht langweilig zu wirken, hat man die Symmetrie aber auch schon in den 30ern an kleinen Stellen aufgebrochen, durch einzeln stehende Bäume oder Durchgänge. Bisweilen braucht selbst Lange dafür ein gutes Auge. „Ich habe erst sehr spät gemerkt, dass einer der vier Bäume an den vier Pergolen rund um die Fontäne etwas versetzt steht“, erzählt er. Diese Details machen die Gartenkunst spannender, lassen den Blick aufmerksamer werden. Auch die unregelmäßig angepflanzten Bäume, die hinter großen Hecken hervorragen, spiegeln diese Herangehensweise wider.

Große freie Rasenflächen wie die sogenannte Engländerwiese erinnern daran, dass die Britische Rheinarmee nach dem Zweiten Weltkrieg jahrelang auf dem Gelände war, dort Baracken aufbaute und den Park zur Erholung nutzte. Einen Abschnitt nach dem anderen gaben die Briten schließlich Jahr für Jahr an die Stadt zurück, bis in die 80er Jahre hinein — und die Düsseldorfer können seither wieder selbst durch den Park spazieren.