Pogrom: Jüdin erinnert sich
Zeitzeugin erzählt ihre Geschichte, Schüler gestalten das Gedenken an damals.
Düsseldorf. Still zieht der Zug durch die Stadt, vorbei an der Königsallee, eskortiert von Blaulichtern der Polizei. Rund sechzig Menschen haben sich am Vorabend des Gedenktages zur Pogromnacht versammelt, um mit einem Gang durch die Stadt und einem ökumenischen Gottesdienst an den 9. November 1938 zu erinnern.
Auch eine Zeitzeugin ist vor Ort, Mariana Rosenberg besuchte von 1935 bis 1938 die Private Jüdische Volksschule in Düsseldorf. Ihre Erlebnisse teilte sie mit Düsseldorfer Schülern: „Ich war da zehn Jahre alt und ich habe gemerkt, dass wir verfolgt wurden“, sagt Rosenberg. Diese Erinnerungen haben die Schüler des Görres-Gymnasiums genutzt, an jeder Station des Gedenkzuges erzählen sie die Geschichte der Zeitzeugin und damit die Geschichte der Pogromnacht.
Rosenberg erlebte den Schrecken im Haus ihres Onkels in der Bilker Straße. Ein SA-Mann sei in ihr Zimmer gestürmt, habe ihre Schwester und sie im Bett vorgefunden und seinen Kameraden zugerufen: „Hier sind Kinder, hier wird nichts gemacht“, dadurch sei die Wohnung ihres Onkels verschont geblieben.
Ein Einzelfall, fast 500 Geschäfte und Wohnungen wurden zerstört, 15 Menschen starben. Die Synagoge, die sich in der Siegfried-Klein-Straße befand, wurde niedergebrannt, aus ihrem Fenster sah Rosenberg die Zerstörung: „Es wurde furchtbar hell im Zimmer, da standen wir auf, gingen ans Fenster und sahen die Synagoge brennen. Das war das Ende unserer Schulzeit in Düsseldorf.“
Und das Ende ihrer Zeit in Deutschland, im Januar 1939 floh die Familie über Frankreich nach Lissabon, bestieg dort ein Schiff nach Chile. Heute lebt Rosenberg auf Teneriffa. Gegen Deutschland hege sie jedoch keine Hassgefühle: „Ich komme nach Deutschland, als wenn ich in irgendein Land komme. Die Leute heute haben damit nichts mehr zu tun.“
Bastian Fleermann, Leiter der Mahn- und Gedenkstätte, findet es wichtig, dass die Verfolgung in den Schulen präsent bleibt: „Es hat viel mit dem Alltag der Schüler zu tun und die Kinder reagieren gut darauf, weil es in der eigenen Stadt passiert ist und sie im gleichen Alter sind, wie die Zeitzeugen damals.“ Am Freitag hatte die Jüdische Gemeinde zum stillen Gedenken am ehemaligen Standort der Synagoge eingeladen.