Landgericht Düsseldorf Pumas, Schlangen, Dauer-Beten: Horror-Trip in die USA

16-jähriger Schüler landete bei einer Mormonen-Familie im Niemandsland. Eltern wollen über 10.000 Euro zurück.

Den vier Kilometer langen Waldweg zur Bushaltestelle sollte der Schüler nicht nehmen, da es dort Schlangen und Pumas gab.

Foto: Timm Döbert

Düsseldorf. Über 10.000 Euro hatten die Eltern investiert, um ihrem Filius ein Austauschjahr in einer amerikanischen High-School zu spendieren. Doch nach sechs Tagen war der 16-jährige Dennis (Name geändert) wieder zurück in Deutschland. Was die Vermittlungs-Agentur verschwiegen hatte: Der Schüler landete in einer strenggläubigen kalifornischen Mormonen-Familie. Und nicht etwa — wie versprochen — in San Francisco, sondern im Niemandsland mit wilden Tieren. Nun will die Familie ihr Geld zurück und klagt vor dem Landgericht.

Ausgewählte Familien und vielfältige Freizeitaktivitäten verspricht die Agentur, die Schüler nach Kalifornien vermittelt. Doch als der 16-Jährige in San Francisco landete, ging die Fahrt in ein Naturschutzgebiet. Dort lebte die Mormonen-Familie einsam im Wald. Die Freizeit wurde vor allem der Religion gewidmet. Dennis musste nicht nur mit zum Gottesdienst, sondern sollte anschließend auch noch die Kirche putzen. Jeden Abend traf sich die Familie zu einer zweistündigen Bibel-Stunde.

Eine Chance, dem Dauer-Beten zu entkommen, hatte der Schüler nicht. Denn zur nächsten Bushaltestelle führte nur ein vier Kilometer langer Weg durch den Wald. Den sollte der 16-Jährige aber wegen gefährlicher Pumas und Schlangen nicht allein gehen — und die Gastfamilie weigerte sich, ihn zu fahren.

„Das sind keine guten Voraussetzungen für ein angenehmes Verhältnis zwischen Gastfamilie und Austauschschüler“, stellte das Gericht fest. Der Junge habe praktisch keine Chance gehabt, seine Freizeit zu gestalten. Die Agentur hätte mit offenen Karten spielen müssen, wenn es sich um keine normale Familie handelt.

„Eine Mormonen-Familie ist in den USA eine normale Familie“, wehrte sich der Geschäftsführer der Vermittlungsagentur. Außerdem würde kein Schüler gezwungen, an den religiösen Aktivitäten teilzunehmen. „Eigenständige Mobilität“ sei außerdem in Amerika ein Problem, das es in „95 Prozent aller Orte“ gebe.

Der Argumentation folgte das Landgericht allerdings nicht. Der Unterschied zwischen der Werbung im Hochglanzprospekt und den vorgefunden Bedingungen vor Ort sei doch zu groß.

Allerdings: Dennis wollte unbedingt nach Hause und flog nach sechs Tagen wieder ab. Man hätte der Vermittlungsagentur die Chance auf „Nachbesserung“ geben müssen, um für den 16-Jährigen eine andere Gastfamilie zu finden. Darum muss die Agentur vermutlich nur ein Drittel der Summe zurückerstatten. Was mit den Flugkosten passiert, ist noch unklar. Das Urteil wird am 4. März verkündet.