Punk-Weihnachtsmänner starten ihre Welt-Tour

Bochumer Zeche war fest in Düsseldorfer Hand. Tote Hosen spielten 37 Songs. Campino zog sich „Gutmensch“-Shirt über.

Foto: David Young

Düsseldorf. Nach 408 Tagen, 21 Stunden und 30 Minuten ist die Pause vorbei — und für 800 Menschen in der Bochumer Zeche fallen vier Wochen vor Heiligabend Weihnachten und Ostern zusammen. Die Toten Hosen stehen erstmals seit der „Krach der Republik“-Tour und dem 21. Oktober 2013, ihrem Auftritt in der Düsseldorfer Tonhalle, wieder auf der Bühne.

Und alle Fest- und Feiertage der lauten Musik kulminieren in diesem einen Auftritt. Es ist ein bisschen so, als habe jemand einen mit dem Adlerskelett-Logo bedruckten Luftballon genommen, seit damals jeden Tag kräftig hinein gepustet und jetzt eine Nadel durch die Hülle gejagt. Ein Knall. „Strom“ als erster Song. Die Zeche brodelt. Es ist zwar nur ein „Warm-Up-Gig“ der Band. Ein Test, ein Warmlaufen für das Konzert, das die Hosen am Nikolaustag auf Einladung der deutschen Botschaft in Yangong, der Stadt im asiatischen Myanmar, geben. Punk-Weihnachtsmänner auf Welt-Tour.

Er und seine Jungs seien auch „seit Jahrzehnten“ nicht mehr so schlecht vorbereitet auf die Bühne gegangen, meint Campino — Schlagzeuger Vom Ritchie sprach im Vorfeld von ein paar Proben im Zwei-Tages-Rhythmus während der vergangenen drei Wochen. Aber: Es kann ja nichts schief gehen.

Der Bochumer „Schuhkarton“, wie Campino sagt, ist gemessen an der Zahl der Autos mit „D“-Kennzeichen vor der Halle und der Prominenten aus der Düsseldorfer Musik-, Brauerei- und Was-Auch-Immer-Szene drinnen fest in Düsseldorfer Hand. Und die Hosen spielen sagenhafte 37 Songs, darunter viele verschüttet geglaubte Uralt-Schinken wie „Der Abt von Andex“ oder „Reisefieber“ — was die Proben laut Vom Ritchie zwar ein wenig länger dauern ließ, der Euphorie in der Zeche aber natürlich keinen Abbruch tut. Campino springt sogar von der Balustrade runter ins Publikum — ein Spielchen, das er seit Jahren aufgegeben zu haben schien.

Und weil man ja unter Freunden ist, watscht er auch gleich mal genüsslich alle Kritiker des kürzlich unter seiner Leitung aufgenommenen Benefizsongs für Afrika ab: Das Lied sei an die Chartspitze geklettert. Und das sei doch ein wunderschöner Stinkefinger an all die Nörgler, die dieses Projekt schlecht reden und ihm unterstellen wollten, er habe es nur auf Werbung für das nächste Hosen-Album abgesehen. „Was für ein Album?“, fragt Campino. Auf seinem Shirt steht dabei: „Gutmensch — keiner mag uns. Egal!“ Die Hosen sind zurück. Und sie haben ihren eigenen Kopf und ihr Feuer auch nach 405 Tagen Pause nicht verloren.