„Rebellion im Dorf“: Wie die 68er Düsseldorf veränderten

Eine Ausstellung im Gerhart-Hauptmann-Haus befasst sich mit der turbulenten Zeit vor 50 Jahren und wie hier damit umgegangen wurde. Die Schau wurde organisiert von Menschen, die damals dabei waren. Doch was machen die eigentlich heute?

Foto: Melanie Zanin

Düsseldorf. Ein Zentrum der 68er-Bewegung war Düsseldorf mit Sicherheit nicht. Doch auch hier führten die Proteste von Studenten in vielen Städten dazu, dass demonstriert wurde — und Menschen zu eigenem Engagement angeregt wurden. Wie Rosi Apitz zum Beispiel. Weil ihr und sechs anderen Elternpaaren die Erziehung in bestehenden Kindergärten zu eingestaubt und streng war, gründeten sie gemeinsam kurzerhand einen eigenen „Kinderladen“, wie man ihn damals noch nannte. Mit anderer pädagogischer Zielrichtung und freien Entfaltungsmöglichkeiten für die Kinder.

Heute lebt Rosi Apitz noch immer im Linksrheinischen. Die Kita gibt es in Lörick auch noch — und das mittlerweile seit 48 Jahren. Apitz ist eine von 25 Mitgliedern der Keyworker Oberkassel plus, eine Gruppe im „nachberuflichen Alter“, die sich für die Belange der linksrheinischen Stadtteile einsetzen. Das können politisches Engagement sein, kreative Workshops — von September bis November ist es aber nun eine eigens konzipierte Ausstellung. Der Titel: „Rebellion im Dorf - Düsseldorf ’68“.

„Die meisten von uns haben diese Zeit aktiv miterlebt“, sagt Rosi Apitz, die 1968 23 Jahre alt war. Nicht alle in Düsseldorf, wie Joachim Siefert, der erst 1973 in die Stadt am Rhein zog, und vorher unter anderem in den USA als Architekt gearbeitet hat. Auch der heute 79-Jährige beobachtete die Bewegung und bemerkte die Auswirkungen.

Rosi Apitz gründete damals einen Kinderladen

„In Düsseldorf war vor allem die Akademie Zentrum der Bewegung“, sagt er. Mit Künstlern wie Joseph Beuys, Jörg Immendorff oder Gerhard Richter sei hier viel los gewesen — im Kunstbereich, aber auch auf politischer Ebene. Auch für die Werbeindustrie war die 68er-Bewegung eine Bereicherung, man denke nur mal an Charles Wilp und seine berühmte Afri-Cola-Werbung.

All diese Entwicklungen sollen in der Ausstellung aufgegriffen und thematisiert werden. Trotzdem sehen die Macher sie eher als Anstoß, sich weiter mit dieser Zeit in Düsseldorf zu beschäftigen. Bislang gibt es nur wenig Material dazu. Die Ausstellung ist grundsätzlich in drei Teile eingeteilt.

Erster Bereich Hier soll es um die Ausgangssituation gehen — die Situation eben, die der Nährboden für solch eine Bewegung war. Um diese darzustellen, gibt es knapp 20 Kurzberichte von Zeitzeugen. „Die Gesellschaft war verklemmt, der Staat repressiv, es gab viele Verbote“, sagt Rosi Apitz. Auch an den Universitäten (Düsseldorf hatte zu diesem Zeitpunkt zwar noch keine Volluniversität, die Heinrich-Heine-Universität war aber schon im Entstehungsprozess) und Fachhochschulen hatten die Studierenden kaum Mitspracherecht. Außerdem war schon damals der Wohnungsmarkt angespannt, viele Studierende hatten Probleme, ein Zimmer zu finden.

Zweiter Bereich In einer zweiten Abteilung soll es um die konkreten Ereignisse gehen, die den Mythos der 68er mitgeprägt haben. Da geht es um den Tod von Benno Ohnesorg, den Vietnam-Kongress — also internationale Ereignisse —, aber auch um die Düsseldorfer Zeit.

Wie man hier aktiv war, zum Beispiel auch dadurch, dass der DGB seinen Sitz in Düsseldorf hatte, wie man sich aufmachte, um an Demos gegen die Notstandsgesetze in Bonn teilzunehmen oder wie auch an Düsseldorfer Schulen, der Fachhochschule und der Akademie Schüler und Studierende sich für ihre Rechte eingesetzt haben.

Dritter Bereich Im dritten Bereich soll es um die Auswirkungen gehen. Um das, was geblieben ist. Natürlich das, was erkämpft wurde - aber auch das, was sich auf kultureller Ebene getan hat. „Die Kneipenszene hat zu dieser Zeit eine große Rolle gespielt“, sagt Siefert und denkt an Kneipen wie den Ohme Jupp, die Uel, das Kreuzherreneck oder den Ratinger Hof.

Doch auch an sich selbst und die aktuelle Zeit denken die Keyworker bei der Ausstellung. „Im Endeffekt ist das, was wir in der Gruppe machen, auch irgendwie auf diese Bewegung zurückzuführen“, sagt Siefert. Denn in dieser Zeit sei man aufgewacht und habe gelernt, sich für sich und seine Belange einzusetzen.