Rundgang der Düsseldorfer Kunstakademie: Frisches Wasser auf die Mühlen der Kunst
Die Studenten der Kunstakademie in Düsseldorf feiern ihren Semesterabschluss und geben beim Rundgang Einblick in ihre Produktion.
Düsseldorf. Es ist nur eine „unwichtige Mitteilung“, die ein künstlerisches Versprechen einschließt: Etwas wird geschehen, 18 Uhr, Raum 121. Und irgendwie reicht diese magere Ankündigung schon aus, um sich einlassen zu wollen — auf die Kunst, die Inszenierung und neue Gedankenwelten. Den großen Aufschrei oder Skandal braucht es nicht. Noch bis Sonntag öffnet die Düsseldorfer Kunstakademie ihre schweren Glastüren am Eiskellerberg und lädt zum Jahres-Rundgang ein, bei dem wieder Hunderte Studenten und Abschlusssemester ihre aktuellen Arbeiten zeigen.
Natürlich riecht es nach Terpentin, Farbe oder Shit, natürlich sind die Studenten mit messerscharfen Undercut-Frisuren, Doc Martens und Panto-Brille oft selbst schon cooles Kunstwerk und natürlich weiß man als Besucher erst mal gar nicht, wo man überhaupt anfangen soll mit der Kunst — doch es passt alles zusammen.
Die hohen Atelierräume der Hochschule sind schließlich nicht der schlechteste Ort, um kreativ zu arbeiten. Zwar gibt es große Niveau-Unterschiede, doch es ist spür- und sichtbar, dass neuberufene Professoren für frischen Wind und Qualität gesorgt haben. Die Klassen sind gut organisiert. Man merkt, dass die Studenten zum Abschluss des Wintersemesters in ihrer Leistungsschau auch Lust haben und zeigen wollen, was sie in den vergangenen Wochen und Monaten geschaffen haben — im Ergebnis zum Teil höchst originell.
Ein Ziel von Kunst ist es, Aufmerksamkeit zu erregen. Klimmzüge müssen Marco Biermann und Tomas Kleiner dafür nicht unternehmen: Für ihre Abschlussarbeit haben die Studenten mit Sponsorenhilfe ein mit 26 000 Litern Wasser gefülltes XXL-Aquarium am Haupteingang aufgebaut. Bis Sonntag wollen sie täglich für mehrere Stunden unter Wasser leben — bei einer Temperatur von 15 Grad. Beide tragen Bleigurte und Neoprenanzüge, darüber Hosen und Wollpullover. Ihr neues Zuhause haben sie mit Möbeln, Stehlampe, Büchern, Geschirr und sogar einem (vakuumierten) Fernseher eingerichtet. Mit ihrer Aktion wollen die Studenten aus der Klasse Gregor Schneider bei ihrer Abschlusspräsentation zeigen, wie sich der Alltag unter Wasser verändert. Lapidare Kommentierung vieler Besucher, die gestern ins Aquarium blickten: „Schräg.“
Yaël Kempf, Natalia Drabik und Andrea Marcellier — unverkennbar auch aus der Klasse Gregor Schneider — sehen in ihrer Arbeit „Requiem for a while“ einen sakralen Raum. Die Französin Marcellier hat gebrochene Bodenplatten aus Gips geformt. Ein Gerüstaufbau führt zu einem ikonischen Bild (Drabik) und weiter über eine Treppe durch das Fenster auf einen fünf Meter hohen Ausstieg ins Freie (Kempf). „Wir haben uns inhaltliche Fragen über Grenzen gestellt und haben einen Raum geschaffen, der durch Luft und Licht ganz anders wirkt“, erklärt Andrea Marcellier ihre Arbeit.
Inessa Emmer aus der Klasse von Thomas Grünfeld präsentiert ihre Abschlussarbeit. Spezialisiert hat sich die Künstlerin auf die Druckgrafik, speziell auf den Holzschnitt. Ihre Bilder, auf Nesselstoff gedruckt, entstehen in Schichtdrucken. Um Struktur- und Farb-Effekte zu erzielen, setzt sie ihr Körpergewicht und keine Druckpresse ein. Aus mehreren Platten setzen sich ihre Drucke teils mit Motiven aus der Mythologie zusammen.
Lukas Heerich ist manchem als Drummer von Stabil Elite bekannt. In seiner künstlerischen Arbeit beschäftigt sich der 29-Jährige mit Sichtbarkeit, Überlagerungen und Verdeckungen („Mich interessiert die Mehrschichtigkeit, das Bipolare“). In der Akademie präsentiert er ein Bild — ummantelt mit schwarzem Industriegummi — sowie eine Soundinstallation: Warn- und Rufsignale erreichen den Besucher unvermittelt, die Töne klingen selbst noch im Erdgeschoss dumpf nach.
Auch die langen Flure sind Kunst-Schauplätze. Mal ragt ein Arm aus der Wand, bewegt sich ein Finger und lockt in einen Atelierraum. Aurel Dahlgrün aus der Klasse Christopher Williams hat schon Preise und Stipendien gewonnen. Für seine Abschlussarbeit „19 weeks of water“ hat er in den Räumen der Kunstakademie mit einem Entfeuchter der Luft Wasser entzogen. Die so gesammelten 100 Liter füllte er in Kanister — und einen Teil des Wassers in einen extra gefertigten quadratischen Metallkasten. „Ich will aus etwas, was da ist, eine Fläche schaffen und verschiedene Sichtweisen aufs Wasser aufzeigen“, sagt Dahlgrün. Viele Besucher gewünscht. . .