Scheidungen: Der Richter für Rosenkriege

Für Martin Braun gehören Scheidungen zum Beruf. So manche Schlammschlacht hat er schon schlichten müssen.

Düsseldorf. Es war eine Liebe, die für immer halten sollte. 1996 hatten sich Stefanie und Carsten M. (Namen geändert, beide 36) auf einer Südseeinsel das Ja-Wort gegeben. 12 Jahre später dauerte es 16 Minuten - und ihre Ehe war Geschichte. Gemeinsam verließen sie das Amtsgericht, um bei einem Glas Sekt auf das offizielle Ende ihrer Beziehung anzustoßen.

Familienrichter Martin Braun hat damit wieder eine gescheiterte Ehe besiegelt. Eine von rund 100 zerrütteten Beziehungen pro Woche, die in seiner Abteilung auf der Gerichtsrolle stehen - von sinkenden Scheidungszahlen ist in der Familienabteilung nichts zu spüren. "Die Scheidungszahlen sind nur deshalb so niedrig, weil immer weniger Leute heiraten", vermutet Braun.

Glaubt er angesichts der hohen Trennungsquote überhaupt noch an die ewige Liebe? "Man wird ernüchtert", sagt Braun, der selbst seit vielen Jahren verheiratet ist. Denn die meisten Paare erlebten schon das verflixte siebte Jahr nicht mehr, sondern würden schon nach vier oder fünf Jahren vor den Familienrichter treten. Sind sich Mann und Frau einig, ist die Scheidung nach dem obligatorischen Trennungsjahr lediglich ein bürokratischer Akt.

Bei manchen Paaren läuft es anders: Wo früher einmal Liebe war, herrscht Jahre später blanker Hass. Die Trennung wird zur Schlammschlacht. Gestritten wird um Geld und die Kinder. Martin Braun und seine neun Kollegen unterbinden Beschimpfungen und Rosenkrieg im Gerichtssaal sofort. "Schmutzige Wäsche können die woanders waschen", sagt er.

Und die Auseinandersetzungen nehmen zuweilen groteske Züge an: Manche Ehepaare etwa sind im Gerichtssaal wieder per "Sie". Unrühmlicher Rekord: Ein Paar wollte nach mehr als 42 Ehejahren getrennte Wege gehen.

Vielen Paaren kommen angesichts des nahen Endes ihrer Ehe vor Gericht die Tränen. Taschentücher gehören zur Grundausstattung eines Scheidungsanwalts. Auf manche wartet aber zu Hause bereits ein neuer Partner. So wie auf eine junge Frau, die von ihrem neuen Lebensgefährten ein Kind erwartet. Hochschwanger will sie zu ihm ins Flugzeug nach Amerika steigen.

Doch weil sie wegen der Schwangerschaft in einigen Wochen nicht mehr fliegen darf, muss die Scheidung in Düsseldorf so schnell wie möglich über die Bühne gehen. Braun zeigt sich flexibel. Sie könne mit ihrem Noch-Ehemann kurzfristig vorbeikommen. Was für viele Paare ein emotionales Desaster ist, wird für die Richter zur Dienstleistung. "Wir sind viel schneller als früher."

Eine Scheidungsverhandlung weckt manchmal sogar längst vergessene Gefühle für den Fast-Ex-Partner. "Liebst du mich denn gar nicht mehr?" fragte eine frisch Geschiedene im Saal ihren Ex-Mann. Dieser hauchte nur ein "doch" - bevor sie gemeinsam das Gebäude verließen. Ob sie wieder ein Paar sind?

Würde Braun überhaupt noch jemandem raten zu heiraten? "Das schon, aber nur mit Ehevertrag." Denn was man im Guten vernünftig regeln könne, das mache bei einer Trennung keine Probleme mehr. Ist sich das Paar schließlich einig, verkündet der Richter das Urteil: "Im Namen des Volkes ist die am soundsovielten geschlossene Ehe der Eheleute XY geschieden." Für manche erstaunlich schnell und nüchtern.