Düsseldorf-Benrath Schumannfest in Benrath: Sinnliche Zeitreise ins Jahr 1816

Schumannfest: Die Licht- und Klanginstallation „Darkness 1816“ will das Jahr „ohne Sommer“ erfahrbar machen.

Foto: Klaus Grünberg

Düsseldorf. Vor genau 200 Jahren fiel der Sommer aus in Europa. Aufgrund des Ausbruchs eines indonesischen Vulkans im Jahr 1815 waberte im Sommer des Folgejahres eine gigantische Aschewolke über den deutschen Fürstentümern und anderen europäischen Ländern. Der englische Dichter Lord Byron hat diese ängstigende Erfahrung in seinem Poem „Darkness“ verarbeitet. Auf Schloss Benrath findet nun im Rahmen des Schumannfests eine Klang- und Licht-Inszenierung statt, die den Besucher die tief melancholische Atmosphäre in jenem Jahr nachfühlen lassen will.

Schon beim Betreten des Schloss-Vorhofs nach Sonnenuntergang gegen 22 Uhr lässt man die Gegenwart ein Stück hinter sich. Hier erinnert nichts an unsere moderne Zeit — zumal unter dem Nachthimmel und ohne die Ablenkung durch ein Unterhaltungsprogramm. Hier findet das Gegenteil von Ablenkung und Belustigung statt.

Denn die prachtvollen Gänge, Säle und Foyers sind kaum beleuchtet. Licht spendet hauptsächlich ein 3000 Watt starker roter Scheinwerfer (Licht: Klaus Grünberg), der vom anderen Ende des Schlossparks auf das Schloss gerichtet ist und das Gebäude in ein Blutorange taucht. Eine Nebelmaschine lässt die Luft rötlich reflektieren. So mag ein Sonnenuntergang im Jahr 1816 ausgesehen haben. „Die Menschen dachten damals, sie würden die Sonne danach nie mehr wiedersehen“, sagt Regisseurin Beate Schüler im WZ-Gespräch.

In den derart unheimlich beleuchteten Räumen sind nicht minder mysteriöse Klänge zu vernehmen (Klang: Werner Cee). In einem kleinen Salon nahe dem Empfangsraum erklingt aus Lautsprechern eine elektrische Guqin, basierende auf der traditionellen chinesischen Zither. Das Saiteninstrument klingt hier wie eine Orgel oder ein Harmonium, jedenfalls etwas gespenstisch, da nur ein paar tiefe Töne zu hören sind. Aus der großen Galerie zur Parkterrasse dringen Frauengesänge. Das aus Mittelengland stammende Geschwister-Duo Unthanks singt über Lautsprecher ein paar Strophen des Byron-Gedichts. Da Lord Byron aus der gleichen Gegend stammte wie die Sängerinnen, ähnelt sich bei der Aussprache der Worte vermutlich der lokale Akzent.

Im angrenzenden Salon hört man einen englischen Sprecher mit reifer, nach Lebenserfahrung klingender Stimme das Gedicht rezitieren in dem Verse vorkommen wie „I had a dream, which was not all a dream. The bright sun was extinguish’d“ (Mir kam ein Traum — es war nicht ganz ein Traum. Die schöne Sonne war verglüht). Zusammen mit dem rötlichen Scheinwerferlicht, das aus dem Dunkeln auf das Schloss strahlt, entsteht ein endzeitliches Gefühl, schön und schaurig zugleich. Aus dem Nachbarzimmer dringt Lava-Geblubber, das ein Sound-Techniker mit Hilfe eines Hydrophons aufgenommen hatte — eine Anspielung auf den Vulkanausbruch, die im damaligen Europa unbekannte Ursache der Finsternis und des ausgefallenen Sommers. Ein eindrucksvolles Erlebnis, das man am besten alleine auf sich wirken lässt.