Tierwelt Selbstversuch: Im Kampf gegen die Angst vor den Spinnen

Trotz großer Spinnenangst hat unsere Autorin bei einer Ausstellung versucht, ein Exemplar der größten Vogelspinnen der Welt auf die Hand zu nehmen.

Unsere Fotografin Judith Michaelis hat sich getraut und eine Spinne auf ihre Hand gelassen.

Foto: Michaelis, Judith (JM)

Ich hasse Spinnen. Kleine Exemplare stören mich nicht, aber die großen, fetten Tiere, die ab und an mal im Keller auftauchen, kann ich noch nicht mal anschauen ohne zu erschaudern. Ich finde sie schlicht unfassbar ekelig. Ein vielfach größeres Exemplar, auch noch mit behaarten, langen Beinen nicht nur in meine Nähe, sondern sogar auf meine Hand zu nehmen – unvorstellbar für mich. Und gerade deshalb reizt mich die Aufgabe. Ist es tatsächlich möglich, so viel Ekel zu überwinden? Eine Ausstellung mit den größten Vogelspinnen der Welt in der Altstadt verspricht Heilung.

Mit mulmigem Gefühl gehe ich Richtung Alte Kämmerei, in der Renaldo Neigert mit seinem Team am Wochenende die Krabbeltiere zeigt. Mir stellt sich zunächst die Frage: Habe ich Angst oder ist es nur Ekel? Und macht das überhaupt einen Unterschied? Egal, möglichst schnell will ich es hinter mich bringen.

Ich habe schon mit Plastikspinnen große Probleme

Doch am Stand mit den Exemplaren, die die Besucher auf die Hand bekommen, merke ich, dass das so nichts wird. Neigert hatte mir schon erklärt, dass ich mich erst an die Tiere gewöhnen muss, an ihren Anblick - und dass ich am besten dabei zusehen soll, wie unbefangen Kinder mit ihnen umgehen. Dann gehen Angst und Ekel weg, sagt er. Doch so weit schaffe ich es gar nicht. Als ein Mitarbeiter eine Spinne aus einem Kasten holt und mit ihr auf interessierte Besucher zugeht, schrecke ich instinktiv mehrere Meter zurück, wende den Kopf ab.

Ich kämpfe mit mir, doch ich kann mir das Tier nicht mal ansehen und beschließe, mit Exemplaren aus Plastik zu üben, die verkauft werden. Ein solches auf die Hand nehmen – das kann doch nicht so schwer sein. Ist es aber. In meiner Vorstellung leben die Tiere, es kostet mich Zeit und Überwindung. Damit bin ich ein extremer Fall, stellt Neigert fest, der mir parallel dazu einiges über die tiefenentspannten Spinnen erzählt. Sein Team und andere Besucher machen mir Mut — ich wage mich erneut zu den echten Tieren. Diesmal klappt es deutlich besser, ich komme immer näher, kann ohne zurückzuzucken genau hinsehen, nehme mir Zeit dafür. Dennoch: Mein Körper ist angespannt, meine Hände nassgeschwitzt — Zeichen von Angst.

Die Beine fühlen sich
weich und leicht an

Aber da steht Mitarbeiter Claudio Babuta, bewegungslos, er wartet einfach ab. Und er wirkt sehr vertraut mit der Spinne auf seiner Hand. Das Tier rührt sich nicht. Die Ruhe macht mir ein wenig Mut. Vorsichtig strecke ich einen Finger aus – und tatsächlich, es geht. Vorsichtig tupfe ich auf ein Bein. Dann nochmal. Und dann auf den Hinterleib. Weich und leicht fühlt sich das Tier an.

Vielleicht kann ich sie ja ganz schnell über meine Hand wieder zu Babuta krabbeln lassen? Der Mitarbeiter bringt die Spinne behutsam dazu, zwei Beine auf meine Hand zu strecken und wartet wieder ab. Sie sind so leicht, dass ich sie kaum spüre. Aber das war es dann – mehr schaffe ich nicht. Das ist okay. Ich habe mehr erreicht, als ich mir je vorstellen konnte. Draußen im Freien werde ich unglaublich müde, sich so zu überwinden ist anstrengend. Enttäuschung darüber, nicht das große Ganze geschafft zu haben, mischt sich mit Freude und Stolz. Und ich glaube, den Spinnen im Keller kann ich jetzt deutlich gelassener gegenübertreten.