Gastkommentar Sie streiten wie die Kesselflicker: Warum Parteien zanken
Politikwissenschaftler Ulrich von Alemann über die Grabenkämpfe in der CDU.
Parteienstreit ist das Lebenselixier der Demokratie. Denn durch ihren Wettbewerb schärfen die Parteien ihr Profil. Die Bürger können das überzeugendste Angebot auswählen. Soweit so gut. Aber warum streiten Parteien sich in ihren eigenen Reihen so gern? Keine ist davor gefeit: Bei der SPD war immer viel los, es ist es nur zur Zeit etwas ruhiger, und bei der FDP gibt es nicht mehr soviel zu streiten. Aber die Linke, die Grünen sowieso und von der AfD ganz zu schweigen: Sie streiten wie die Kesselflicker. Obwohl der Bürger als Wähler das gar nicht mag. Nun hat auch die CDU in Düsseldorf Zoff um den Parteivorsitz.
Aber die Parteien sind bei ihrem Gezanke ja nicht allein. Ob die Jonges noch vor nicht allzu langer Zeit oder die Düsseldorfer Karnevalisten erst jüngst. Es geht hoch her. Es gibt da eine Gemeinsamkeit. Parteien, Bürger- oder Karnevalsvereine: Alle sind sie freiwillige Organisationen mit großer Mitgliedschaft und weitgehender Ehrenamtlichkeit. Im Gegensatz zu Unternehmen oder Verwaltungen bleibt die Verpflichtungskraft des Vorstandes gegenüber den Mitgliedern gering. Wer dort nicht spurt, fliegt oder kriegt einen Verweis.
Das geht im Verein nicht so einfach. Man ist auf die Mitglieder und ihre Mitarbeit angewiesen. Sie machen das in ihrer Freizeit freiwillig. Und unter ihnen engagieren sich viele mit Herzblut lebenslang. Es gibt auch kaum Alternativen.
Zu einer anderen Partei, einem anderen Bürger- oder Karnevalsverein kann man kaum gehen. Und wenn der Verein noch relativ groß ist, dann wächst das Ego bei Führungsposten riesig. Man wird richtig wichtig in einer Führungsposition. Man genießt den Status in der Stadt, wird als Ehrengast geladen und begrüßt. Das gibt man nicht gerne auf. Und dafür nimmt man auch mal eine Intrige in Kauf. Und so streiten sie sich und merken nicht, wie sehr das die Außenstehenden, aber auch die einfachen Mitglieder abstößt. Eigentlich schade, denn Ehrenamtlichkeit in großen freiwilligen Organisationen ist ein hohes Gut in einer Demokratie.
Professor Ulrich von Alemann ist Politologe und war bis 2012 Prorektor der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf