So lief die Europameisterschaft 1988 in Düsseldorf

Vor 30 Jahren finden zwei Spiele der Fußball-EM in Düsseldorf statt. Rund um England gegen Holland tobt der Mob — auch der deutsche.

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Düsseldorf. Falls Deutschland als Ausrichter der Fußball-EM 2024 den Zuschlag erhält, ist Düsseldorf mit von der Partie, das steht schon fest. Drei, vier Spiele werden dann in der Arena steigen. Die Vorfreude weckt Erinnerungen an 1988, als zuletzt die EM in Deutschland stattfand — und an zwei Spiele im mit jeweils 64 000 Zuschauern ausverkauften Rheinstadion. Es sind freilich keineswegs nur schöne Erinnerungen.

Denn nicht das Eröffnungsspiel Deutschland gegen Italien am 10. Juni (1:1, Torschütze: Andreas Brehme), einem warmen Freitagabend, produziert die meisten Schlagzeilen. Sondern fünf Tage später die Nachmittagspartie England versus Holland (1:3). Sie kommt bundesweit groß raus bis ins Heute Journal — leider nicht aus fußballerischen Gründen. Sondern weil zwischen Hauptbahnhof und Altstadt stundenlang der Ausnahmezustand herrscht. Düsseldorf erlebt die bis heute schlimmste Fan-Randale überhaupt.

Die Mischung aus deutschen, englischen und holländischen Hooligans erweist sich als explosiver Gewaltcocktail. Gigantische 2500 Polizisten versuchen für Ordnung zu sorgen, zunächst vergeblich. Überraschend kommt das alles nicht. Schon vor dem Turnier sei klar gewesen, dass der 15. Juni mit dem Spiel in Düsseldorf „der gefährlichste Tag des Turniers“ werden würde, leitet Heute-Journal-Moderator Sigmund Gottlieb die damalige Sendung ein. Doch die wüstesten Ausschreitungen toben schon am Abend vor dem Spiel.

Deutsche Schläger, weniger Fortuna- als Schalke und Dortmund-Fans, sammeln sich am Hauptbahnhof in Erwartung der Engländer. Man will sich unbedingt mit den „Tommies“ messen, die damals als Maß der Dinge in der Schlägerszene gelten. Und dann geht es direkt vor dem Bahnhof zur Sache, deutsche Hools mit Bundfaltenjeans, Ballonseiden-Trainingsjacken und Minipli-Frisuren (dafür meist ohne Tattoos) stehen Engländern gegenüber, von denen manche T-Shirts mit der Aufschrift tragen: „Invasion of Germany 1988“.

(Jagdszenen am Hauptbahnhof: Ein Polizeihund packt einen englischen Fan am Bein. Archivfoto-Repro: N. Gehring)

Der Mob prügelt sich am damaligen Rex-Kino an der Friedrich-Ebert-Straße vorbei in Richtung Altstadt, das Terrain dazwischen „gleicht einem Schlachtfeld“, schreibt der „Spiegel“ hinterher. Zuerst geht das Schaufenster einer griechischen Bank, dann das eines Nachtlokals zu Bruch; 30 Autos werden demoliert. In der Altstadt fliegt das Mobiliar der Außengastronomie zwischen den Fan-Gruppen hin und her, Scheiben von Restaurants und Kneipen splittern. Es gibt mehrere Videos im Netz (unter anderem bei Youtube), die das teilweise zeigen, zum Teil sind es TV-Aufnahmen.

Am Morgen danach, also am Spieltag, erklären mehrere Wirte, warum sie gerade ihren Laden mit Brettern vernageln und „auf gar keinen Fall heute öffnen“. Einer berichtet, wie der Mob mit Dachlatten durch die Bolker Straße gestürmt sei, „es war die schlimmste Nacht überhaupt“. Ein anderer beklagt, dass die Polizei sie nicht schützen könne.

Aber immerhin nimmt die Polizei am Randaletag eins rund 130 Schläger in Gewahrsam, darunter sind offenbar einige Rädelsführer. Denn am Spieltag selbst gibt es zwar nach dem Spiel noch Scharmützel zwischen Engländern und Holländern, aber längst nicht mehr so schlimme. Während des Spiels selbst bleibt es im und um das Rheinstadion herum ruhig.

Das alles muss weiß Gott kein schlechtes Omen für 2024 sein. Zumal es einige Experten gibt, die meinen, dass die Hooligans der 80er-Jahre gefährlicher und unberechenbarer waren als ihre heutigen Kollegen.

Und ob sich Holland für die EM in sechs Jahren qualifiziert, ist ja auch nicht gesagt.