Un-Parteiisch Sonntagsöffnung für den Handel? Gute Idee – aber ohne Mehrheit

Warum der Vorstoß von OB-Kandidat Stephan Keller (CDU) wohl nicht umgesetzt werden wird.

 Menschen drängen sich an einem verkaufsoffenen Sonntag über die Einkaufsstrasse Königsallee.

Menschen drängen sich an einem verkaufsoffenen Sonntag über die Einkaufsstrasse Königsallee.

Foto: picture alliance / Martin Gerten/Martin Gerten

In der Rubrik „Un-Parteiisch“ stellen wir Ideen, Anfragen, Anträge und Pressemitteilungen von Kandidaten, Fraktionen und Parteien vor, ordnen sie in den Kontext ein und geben eine Bewertung dazu ab. Diesmal: die Idee des Oberbürgermeister-Kandidaten Stephan Keller (CDU) für eine bis Jahresende beschränkte Freigabe des Sonntags für den Handel in der Coronakrise.

Der Antrag Stephan Keller, OB-Kandidat für Düsseldorf bei der Kommunalwahl am 13. September und derzeit Stadtdirektor in Köln, will bis Jahresende 2020 eine Freigabe der Sonntage für den Einzelhandel erwirken. Dies sei für das Überleben der Unternehmen in der Coronakrise notwendig und auch aus infektiologischen Gründen vernünftig. „Wir entzerren die Besucherströme und mindern dadurch das Ansteckungsrisiko. Zudem leisten wir einen wichtigen Beitrag zum Erhalt der Lebendigkeit unserer Innenstädte“, sagte Keller in einem Interview und wollte sich bei der Landesregierung für diese Idee stark machen. „Ich habe sehr viel Zustimmung aus dem Düsseldorfer Einzelhandel für diesen Vorschlag erhalten“, sagt Keller. Ablehnende Stimmen seien bei ihm nicht angekommen.

Der Zusammenhang Die Landesregierung hat das Ladenöffnungsgesetz als Bestandteil eines der vielen Entfesselungspakete, die im Wirtschaftsministerium von Andreas Pinkwart (FDP) seit 2017 geschnürt werden, im März 2018 novelliert. Und dabei vor allem die Vorschrift abgeschafft, dass verkaufsoffene Sonntage mit größeren Veranstaltungen verbunden sein müssen. Seither reichen Sachgründe aus. Trotzdem wird beschränkt: An jährlich höchstens acht (vormals vier) nicht unmittelbar aufeinanderfolgenden Sonn- oder Feiertagen dürfen Verkaufsstellen ab 13 Uhr bis zur Dauer von fünf Stunden geöffnet sein. Wird innerhalb einer Gemeinde in verschiedenen Stadtteilen geöffnet, dürfen insgesamt nicht mehr als 16 Sonn- und Feiertage je Kalenderjahr freigegeben werden.

Kellers Vorschlag löst sich von diesen Beschränkungen, die ein durchaus wirtschaftsfreundlicher Kompromiss von Unternehmer-Interessen auf der einen und Gewerkschaften und Kirche auf der anderen Seite sind, in Gänze, er begründet das mit der außergewöhnlichen Situation in der Coronakrise. Die wochenlangen Schließungen und die jetzt noch zögerlich kaufende Kundschaft nach der Öffnung hätten große Löcher in die Kassen der Einzelhändler gerissen, auch die Gastronomen litten.

Die Bewertung Kellers persönliches Corona-Entfesselungspaket mag eine gute Idee sein, weil besondere Zeiten auch flexible Lösungen möglich machen müssen. Aber sie wird nicht nachhallen. Vor allem deshalb, weil die grundsätzlichen Ladenöffnungsbestimmungen Ländersache sind und nicht auf kommunaler Ebene entschieden werden – dort wird allein umgesetzt. Und für das Land hat NRW-Wirtschaftsminister Pinkwart sich in den vergangenen Wochen mehrfach dafür ausgesprochen, die wegen der Corona-Krise ausfallenden verkaufsoffenen Sonntage nachholen zu wollen, keineswegs aber alle Sonntage frei zu geben. Der Handel könne so die Chance erhalten, fehlende Umsätze auszugleichen, sagte Pinkwart noch am 20. Mai dieses Jahres im Wirtschaftsausschuss des Landtags.

Auch der Handel selbst scheut eine Auseinandersetzung mit den Gewerkschaften um die vollständige Freigabe, die freilich eine große Belastung für die Angestellten bedeuten würde. Deshalb wird man sich als Kompromiss aller Wahrscheinlichkeit nach bei Pinkwarts Vorschlag treffen. Der Handelsverband NRW hat dafür gegenüber dieser Zeitung jetzt seine Vorschläge konkretisiert: Man hoffe auf attraktive Nachholtermine für die ausgefallenen Wochenenden gen Jahresende in einer dann „rechtssicheren Corona-Verordnung“, sagte eine Sprecherin des NRW-Handelsverbandes und schlug die vier Adventswochenenden vor, dazu zwei Tage im Oktober und November. Den Kommunen müsse dabei aber eine gewisse Flexibilität belassen bleiben, so die Sprecherin.

Stephan Kellers Vorschlag bliebe dann eine Idee, mit der er Wirtschaftsfreundlichkeit gezeigt hätte – mit der er letztendlich aber auch wirkungslos bliebe.