Ein Euro Gebühr bei Bargeldzahlung? Von Knausern und kleinem Karo
Düsseldorf. Ich hielt mich bislang für jemanden, der einigermaßen weiß, was en vogue ist. Trotzdem habe ich jetzt beinahe einen Trend verpasst. Wie konnte das geschehen? Man trägt nämlich wieder Karo.
Doch gewiss. All jenen, die jetzt den Kopf schütteln, kann ich nur sagen: Karo ist im Kommen. Besonders das ganz kleine Karo schmückt die Frau und den Mann vom Dorf. Ob der Oberbürgermeister schon kleines Karo trägt, konnte ich bislang nicht feststellen. Aber ich bin mir sicher, dass ihm demnächst jemand das Kleinkarierte raus legt, auf dass er auch weiterhin in die modische Linie des Rathauses passt.
Das kleine Karo ist natürlich Symbol. Es steht für den Abschied von der einstigen Großzügigkeit Düsseldorfs. Die Maschen werden wieder enger gestrickt in der Stadt, und da kann man es sich nicht mehr leisten, aus der Fünf per Definition eine gerade Zahl zu machen. Wir sind doch nicht im Rheinland hier. Düsseldorf muss sparen und will das ganz offenbar auch zeigen. Für mich ist es daher nur eine Frage, bis das Rathaus einen Jägerzaun bekommt. Einmal rundherum. Mit einem quietschenden Törchen, das jedem Besucher, der hindurch will, signalisiert, dass er nun eine Zone betritt, in der rheinische Lässigkeit keine Chance mehr hat. Woher ich das alles weiß? Nun, ich habe einfach eins und eins zusammengezählt und mir dann meinen Reim gemacht.
Die eine Eins kam aus Europa und bestand aus der Nachricht, dass bald der 500-Euro-Schein abgeschafft wird. Mir doch egal, dachte ich. Ist eh ein Schein für Schwarzarbeiter. Die zweite Eins bestand aus der Meldung, dass das Einzahlen von Bargeld bei der Sparkasse demnächst richtig was kostet. Ist doof, dachte ich, aber das werden die Kunden denen schon heimzahlen.
Der Reim, den ich mir darauf machte, kam dann in einem Traum zustande. In dem ging ich wie üblich in meinen Kiosk an der Ecke und packte zusammen, was ich so zu brauchen glaubte: drei Zeitungen, ein Pfund Kaffee, drei Flaschen Wasser und fünf Brötchen. „Zwölf Euro fünfzig und einen Euro extra“, sagte der Händler meines Vertrauens, als ich ihm einen Zwanziger entgegenhielt. Ich guckte dumm und verstand nicht. „Ja, einen Euro extra“, bekräftigte mein Gesprächspartner. „Wegen Barzahlung.“ Er kramte einen Zettel hervor und sagte, dass Bargeldzahlungen einen enormen Aufwand mit sich brächten. Dann las er vor: „Der Aufwand für Aufbewahrung, Sicherung und Transport des Bargeldes ist erheblich: Barkassen müssen täglich nach Ende der Öffnungszeiten abgerechnet werden, dazu kommen Regelungs-und Kontrollaufwand, um Veruntreuung und Diebstahl entgegenzuwirken.“ Ich guckte immer noch wie eine Kuh, was meinen Händler zu weiterer Erklärung veranlasste. „Ist nicht von mir“, sagt er. „Macht die Stadt genauso.“ Er hielt mir den Zettel vor, auf dem stand, dass die Stadt diesen einen Euro tatsächlich fordert. Bei Barzahlungen von Beträgen über zehn Euro im Einwohnermeldeamt, im Straßenverkehrsamt, in der Ausländerbehörde, im Standesamt. Ich wartete ungeduldig darauf, aus meinem Traum aufzuwachen, stellte aber fest, dass ich längst wach und nur der Anfang der Geschichte, also das mit dem Kiosk, geträumt war. Der Rest ist pure Wahrheit. Für einen Moment meinte ich zudem, ein Wiehern aus Richtung des Rathauses zu hören.
Ich mache mir ernsthaft Sorgen um diese Stadt. Meine Stadt. Ich habe Düsseldorf immer als großzügig erlebt. Man war hier oft doof in vielerlei Hinsicht, aber knauserig waren wir nie. Um es mal mit einem abgewandelten Angela-Merkel-Zitat zu sagen: „Wenn sich eine Stadt derart piefig verhält, dann ist das nicht mehr meine Stadt.“ Ich denke, es bedarf eines kleinen Aufstands, um diesen klein karierten Anfängen zu wehren. Er sollte dieses eine Mal von den Modemachern ausgehen. Die müssen der Stadt zeigen, dass aus Kleinkariertem keine Größe wachsen kann. Lasset die Gewänder wallen. Zeigt denen im Rathaus, dass sie dieser Stadt nicht die Mode diktieren können. Mein Düsseldorf ist großzügig und wird es immer bleiben. Über alle Gebühren hinweg.