Stadt-Teilchen Wenn Düsseldorf zum Wasserparadies wird
Fahrrad gegen Kanu, mit dem Vaporetto durch die Stadt — wer will da noch nach Venedig?
Kürzlich las ich in dem sehr bemerkenswerten Blog Theycallitkleinparis.de von einer Künstlerin, die sich beim Anblick des Worringer Platzes vorstellte, er stünde unter Wasser. So wie in Venedig. Das war ein sehr interessanter Gedanke, der mich auf der Stelle faszinierte, zumal beinahe gleichzeitig die Meldung hereinschwappte, dass die norditalienische Lagunenstadt unter Niedrigwasser leidet.
Ich sog aus der Kollision der beiden Gedanken eine sehr interessante Vorstellung. Wie wäre es denn, wenn Venedig komplett trocken fiele und Düsseldorfs Straßen plötzlich unter Wasser stünden? Welche Auswirkungen hätte das auf den Verkehr? Auf die Häuser? Auf die Menschen?
Ich musste zuerst an die heimischen Radfahrer denken. Die könnten all die neuen, mühsam erkämpften Radwege vergessen, denn die stünden ja meterhoch unter Wasser. Es käme ohnehin niemand mehr an seinen Drahtesel ran, weil ja bestimmt auch die Keller voller Wasser stünden. In einem groß angelegten Wechselprogramm böte die Stadt allen Radlern einen Austausch an: Fahrrad gegen Kanu.
Für den OB wäre das natürlich eine herbe Niederlage, denn den Start der Tour de France müsste er dann absagen — wegen Acqua Alta. Da es sich beim Grand Depart aus meiner Sicht ohnehin um eine komplett sinnlose Veranstaltung handelt, bei der stets mit Fernsehzuschauer- und Werbewirkungszahlen argumentiert wird, die allesamt aus dem Fabelreich stammen, gäbe es sicherlich so einige Menschen in dieser Stadt, die dem Wasser auf den Straßen dankbar wären für die unerwartete Entlastung des Stadthaushaltes. Ich gehöre auf jeden Fall dazu.
Ohnehin bräuchte die Gemeinde ja so einiges an Geld, um die neuen Erfordernisse zu bewältigen. Statt der Straßenbahnen führen auf einmal Schiffe durch die Stadt, und an allen wichtigen Gebäuden oder Plätzen würden Pontons installiert mit Haltestellen drauf. Dort würden die Menschen auf die Vaporetti warten und dabei stets versuchen, auf schwankendem Boden das Gleichgewicht zu halten. Das gäbe schönen Gesprächsstoff, um sich auszutauschen, um einander näherzukommen. Und es sähe hier und da auch noch ulkig aus, wenn jemand trotz eines gewissen Wellengangs versuchte, das Gleichgewicht zu wahren.
Mit Sicherheit würde Düsseldorf eine langsamere Stadt, was nicht unbedingt die schlechteste Idee ist. Ein bisschen vom Tempo wegnehmen, das hilft bei vielen Problemen.
Selbstredend wäre die Tatsache, dass die U-Bahn komplett volllaufen würde und niemand das Wasser halten könnte, erst einmal eine sehr unerfreuliche Tatsache. Allerdings fänden sich sicher schnell ein paar findige Unternehmer, die Tauchausflüge zu den verlassenen Stationen anböten. Düsseldorf hätte dann mit Lanzarote etwas gemeinsam, nämlich ein schönes Unterwassermuseum.
Anfangs würde die Rheinbahn noch versuchen, ihre alten Stadtbahnen mit Schwimmreifen auf die Reise zu schicken, was sehr niedlich aussähe, aber nur eine Übergangslösung wäre. Schnell könnte man sich sicherlich auf ein Tauschgeschäft mit Venedig einigen, denn dort würden Gleise und Bahnen sicherlich sehr gebraucht.
Am schnellsten würden bestimmt die Taxifahrer ihr Geschäft umstellen und sich flotte Schnellboote anschaffen, die dann feine Wellen an die Häuser sendeten. Das wäre allerdings nicht lange erlaubt, weshalb die Stadt wendige Geschwindigkeitsaufseher aussenden würde, die auf Jetskis den Verkehr regelten. Hipos auf Jetskis, das wären Fotos, die um die Welt gingen, von wegen Werbewert und so.
Ein Konzept müsste natürlich her, um der zu erwartenden Touristenmassen Herr zu werden. Wer will schon in Venedig durch die Pampe waten, wenn er das Wasserparadies Düsseldorf haben kann. Schon ist die Rede von einer Rheinvertiefung, damit Kreuzfahrtschiffe auch den Weg von Rotterdam bis zur Altstadt finden. Außerdem liefen rasch Gespräche mit der Krimiautorin Donna Leon an, die Venedig enttäuscht den Rücken kehren und sich am Rhein niederlassen würde. Ihren Commissario Brunetti hätte sie natürlich im Gepäck. Der könnte als Austauschpolizist vom Jürgensplatz aus ermitteln.
Ja, natürlich gibt es so einige Probleme, wenn sich eine Stadt volllaufen lässt. Aber sind Düsseldorfer nicht bisher immer noch mit solchen Problemen klargekommen? Da darf doch so ein bisschen Wasser unterm Kiel kein großes Hindernis darstellen. Das wird schon.
Und um mal auf die Künstlerin zurückzukommen, die mich zu meiner kleinen Gedankenreise inspiriert hat. Wenn erst der Worringer Platz vollgelaufen ist, dann bringt das einen unbestreitbaren Vorteil mit sich. Der Worringer Platz wird endlich schöner. Ein Kunststück ist das allerdings nicht unbedingt, denn hässlicher geht ja wohl kaum.